Gerd H. Köpke
Leguane 61- 70
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© 2022 Gerd H. Köpke

61 und 62

61.
Der Admiral, der Admiral
verliert die Farbe, wird ganz fahl,
weil er sich in die Stadt verirrte
und dort ein Lüftchen ihn bekirrte.
Naturidentisch roch nach Flieder,
was sonst ihm tief verhasst zuwider.
Der dichte Mief öliger Gase
betäubte seine feine Nase.
Jetzt torkelt er mit fahlen Flügeln,
weil ein Parfüm versteht zu trügeln.
Er irrt hinab, das ist fatal,
hinab ins U-Bahn-Urinal,
der Admiral, der Admiral.

62.
Die Bahnhofsuhr, die Bahnhofsuhr
Ist auch nur eine Armatur.
Sie schlägt die Züge in die Flucht,
lässt keinen in der Niemandsbucht,
verzögert den Sekundenzeiger
und gibt ganz kühl dem Zugbesteiger
die trügerische Sicherheit,
dass zögerliche Schnelligkeit
dem Ziel ihn wirklich näher bringt.
Das Ziel jedoch, sagt der Instinkt,
ist auch nur Zeitgeists Partitur,
ist auch nur Quickstepps Wanderhur,
die Bahnhofsuhr, die Bahnhofsuhr.

63 und 64

63.
Der Laubfrosch, der Laubfrosch,
er singt mit seiner Laubgosch
die Wartburg-Competition
vom holden Abendsterne.
Es hallt in der Zisterne
von Tugend, Frauenehre.
Doch Frosches Karriere
als Wagners Ofterdingen
will nicht so recht gelingen.
Ein somnambuler Träumer,
Bayreuth schnarchend Umsäumer
schreckt hoch und ist verärgert
ob dieses schrägen Konzerts.
Und ohne Kunstgefühle
stopft er im Pfuhl ganz kühle
die fluchbeladne Laubgosch
dem Laubfrosch, dem Laubfrosch.

64.
Die Kröte, die Kröte
bläst auf der Backenflöte
ein Lied von Widerspenst,
dass dir im Winter lenzt.
Sie rasselt und prasselt,
wie eine Stripp, die quasselt,
sie schnarrt und quarrt
und plärrt gallert,
lässt Quappen
voller Grappen
beseelt Sirtaki tanzen,
kann dir den Zweifel pflanzen.
So schluckst du trotz der Nöte
Die Kröte, die Kröte.

65 und 66

65.
Das Osterei, das Osterei,
das bringen Hasen bunterlei.
Zwar hat noch niemand ihn gesehen,
den Hasen mit der Kiepe gehen.
Von einer Schule wird berichtet,
wo junge Hasen sind verpflichtet
die Hühnereier bunt zu färben
zu österlichen Wettbewerben.
Dann sollen sie sie noch verstecken
In weichen Nestern hinter Hecken
und zwischen gelben Osterglocken,
damit die Kinder dann frohlocken,
wenn sie die bunten Eier finden,
mit Süßigkeit in Angebinden.
Kaum jemand glaubt die Mär vom Hasen,
geht dennoch suchend übern Rasen,
und jeder liebt die Schlemmerei,
brät Osterlamm, köpft Osterei.

66.
Der Stachelbär, der Stachelbär
nascht gern von der Johannisbeer.
Ob Schwarz, ob rot, ob weiß, ob blau
Johannisbeeren machten schlau
Wenn sie im frühen Frühjahr blühen,
in Gärten und an Avenuen
flicht er sich den Johanniskranz,
bedeckt das Fell bekränzend ganz.
(Mit Nektar von Johannisblüten
lässt sich sogar Parfüm vergüten.)
So lockt er Wespen, Bienen an,
verfolgt sie klandestine dann
und merkt sich für des Herbstes Lese
die Bären-Bienen-Anamnese.
Der Wimmet für den Stachelbär
ist Honig von Johannisbeer.

67 und 68

67.
Der Schachtelhalm, der Schachtelhalm
sprießt nicht nur auf der feuchten Alm.
Er ärgert Gärtner und die Bauern,
die sind verschachtelt zu bedauern.
Und wenn dann noch die Pilze sprießen,
Schopftintlings zetBe Tinte gießen
im Pflasterbett, als Asphaltbrecher,
dann greift zur Spritz enterbter Rächer.
Doch hilft nichts gegen Schachtelhalm,
nicht zupf, nicht hack und auch nicht Qualm,
keep cool, bleib ruhig, reste calme,
bei Schachtelhalm,bei Schachtelhalm.

68.
Der Papagei, der Papagei
langweilt sich ob des Einerlei,
dass er bekäfigt sprechen soll.
Es labert ihm die Ohren voll,
wer immer auch am Käfig steht,
auch wenn er Augen rollend fleht!
"Mit dem Geplapper bleibt mir fern,
mit euern Witzen voller Zoten!
Ich sitz im Käfig doch nicht gern
und spiele euch den Nachbet-Boten!
Ihr haltet das für Ironie,
Sarkasmus und Humor?
Es fehlt euch doch an der Magie,
nichts hebt euch mit Esprit empor!
Euch fährt das Lachen aus der Hose!
Schalk und Humor? Nein, nur Neurose!
So weint zum Zoteneinerlei
Der Papagei, der Papagei.

69 und 70

69.
Das Kuckucksei, das Kuckucksei,
wird frisch gelegt im Monat Mai.
Nach einer Kuckucks Passionne
unter der warmen Frühlingssonne
lässt Kuckmama
nach groß Trara
ihr Ei in fremdem Nest bebrüten.
Sie will es niemals selbst behüten.
"Beschwert euch doch beim Wonne Mai,
der Nachwuchs ist mir einerlei!
Ich will als Kuckuck Kuckuck rufen,
was kümmerts mich, wenn ich verrufen.
Ich hatte meinen Wonne Mai
mit Kuckpapa ganz vögelfrei,
bloß weg dann mit dem Kuckucksei!

70.
Der Algorith, der Algorith
muss morgens, mittags, abends mit.
und quer zur Nacht als Aberwitze
befrecht er die Besucherritze.
Denn ohne diese Rechenkraft
ist jedes Smartphone abgeschlafft,
weil heutzutage ohne Handy,
da hilft auch keine Flasche Brandy,
fühlt jeder sich ganz amputiert,
da glotzt man lieber ungeniert
auf einen wischiwaschi Screen
und pflegt auf facebook seinen Spleen,
folgt süchtig Hashtags dann auf Twitter,
Daumen und Finger findens bitter.
Ein Kilo Instagram tiktokert
oft flacher noch als mediokert.
Da ist doch jetzt der große Schiet
der Algorith, der Algorith.