Gerd H. Köpke
Vergangen! Vergessen?
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© 2019 Gerd H. Köpke

Einleitung

Ich werde eine Reihe von Briefen aus dem Nachlass meiner Großmutter Anna Marie Luise Tüchter zusammenstellen. Die Sütterlin-Schrift verlangt meine intensive Beschäftigung mit den Texten. Eine Bewertung, Einordnung werde ich bei Zeiten dazu abgeben. Lassen Sie sich doch auf dieses Puzzle ein!

Frensdorf, den 11. August 1915

Mein lieber Mann!

Deine Karten habe ich erhalten und auch Deinen Brief. Es gehr Dir hoffentlich weiterhin gut. Die Kinder und ich sind auch noch gut zuwege. Wie ich gelesen habe, bist Du in Niederlahnstein, einer herrliche Gegend. Jetzt bist du noch weiter weg als bisher in Halle. Ich hätte Dich wohl schon längst besucht, aber ich komme nicht weg wegen der Kleinen. Buitkamp aus Frensdorf lag auch in Halle, seine Frau hat ihn besucht, 8 Tage und hat ihn dann mitgebracht. Vorigen Freitag habe ich Dir einen Brief und eine Karte geschrieben, hast sie wohl nicht mehr bekommen. Gerhard Kesekamp ist gefallen in den Vogesen durch einen Schuß in den Hals. Er wohnte ja noch bei seinen Eltern. Gerhard Hesselink soll auch gefallen sein. Die Firma (NINO) hat sich Deine Adresse geben lassen, sie schickt wieder Pakete ab. Luise ist immer noch bei uns. Am Montag den 16. wird sie wohl zurückfahren. Es gefällt ihr hier ganz gut. Adam ist auch noch immer fein zuwege. Lukas hat seit dem 23. 7. nicht mehr geschrieben. Kern, bei dem wir gewohnt haben, ist auch auf Urlaub hier, er hatte mir auch einen Gruß geschickt. Sonst gibt es hier nichts Neues. Heute ist ein schweres Gewitter gewesen mit einem Wolkenbruch artigen Regen. Lieber Mann, ich freue mich wirklich, daß Du bald kommst. Ich kann die Zeit kaum mehr erwarten. Du wirst mich doch wohl nicht mehr lange warten lassen, denn ich warte mit Zuversicht. Auf ein baldiges Wiedersehen, ich bleibe Deine Dich liebende Frau.

Viele Grüße von Marie, den Mädchen und allen Verwandten und Bekannten.




Die Unterschrift stammt vom damaligen preußischen Kriegsminister Adolf Wild von Hohenborn (1860 - 1925). Sie wurde der Familie überreicht, nachdem Geert Tüchter am 20 November 1916 gefallen war.

Familienbilder

 
Das Bild zeigt von Links: Tante Truida, Tante Janna, Onkel Harm, Oma Anna,
Opa Geert, Beniermann(?), Tante Hermine, Opa Tüchter und Tante Geertin
 

Geert Tüchter mit Ehefrau Anna Marie Luise
(geb. Wannink) und den Töchtern Truida Helena (links),
Helene Dorothea (oben) und Gertrud (unten)

15.04.1916

Meine inniggeliebte Frau!

Ein paar vertrauliche Zeilen möchte ich Dir schreiben. Meine Liebe, wenn es Gottes Wille sein sollte, daß ich nicht wieder zu Euch Lieben zurück kommen sollte, daß ich mein Leben hier auf dem Schlachtfelde dem Vaterland zu Ehren einbüßen sollte, was wir nicht hoffen wollen, dann möchte ich Dir deutlich sagen, daß ich über meinen Tod hinaus kein Versprechen von Dir verlangen kann und will. Ich habe dazu dieser Tage auch in einem kleinen Büchlein gelesen. Das Leben ginge dann für Dich weiter, mit all der Not, hoffentlich der Hilfe der Verwandten und den Aufgaben und Anforderungen, die Du bewältigen musst. Du sollst in diesem Fall nichts Belastendes auf dem Herzen tragen müssen Dein Leben lang. Das würde nur zu Übel führen, für Dich selbst und die Familie insgesamt. Das Leben geht weiter, Du könntest es nicht festhalten, sondern lege Dein ganzes Leben in Gottes Hand, wie Gott will, so wollen wir es annehmen und so sollst Du es annehmen. Darum will ich dir kein Versprechen abverlangen. Mach Dir dann auch nicht so viel Sorgen um mich, denn wir erleben es täglich: Ehe man es weiß, ist es schon vorbei, was auch das Büchlein ausdrücklich betont. Wenn es denn so sein sollte, so wünsche ich Dir viel Glück und sei vorsichtig! Ich bin hier jetzt noch der besten Zuversicht, daß ich durch Gottes Hilfe wieder zu Euch Lieben zurück komme. Wir wollen unser Leben in Gottes Hände geben, Amen. Der Herr behüte Euch und segne Euch durch die Kraft des Heiligen Geistes. – Ach Gott, gäbe es ein Wiedersehen!

Und noch eines: Bitte schreib mir Deine Meinung zu meinen Gedanken, und denke daran, dieser Brief ist für Dich persönlich.

Dein Geert

Geschrieben, den 18.03.1916

Meine herzensgute Frau!

Am 16. abends erhielt ich Deinen schönen Brief, den Du am 13. geschrieben hast. Ich sage besten Dank. Ich freue mich, dass es Euch immer noch gut geht, denn wer gesund ist in dieser Zeit, der weiß nicht, wie glücklich dass er ist. Ich bin auch wieder gesund, liege noch wohl zu Bett, aber mir fehlt nichts mehr. Ich wollte, ich wäre zu Hause, dann könnte ich schön die Kartoffeln einbringen. Aber das geht nun leider nicht, ich muß es Euch überlassen, Ihr müsst sehen, dass Ihr damit fertig werdet. Wenn mein Vater fertig ist, dann schreibe es mir, dann werde ich ihm Geld dafür schicken. Umsonst will ich das nicht haben, denn ich weiß, dass seine Frau auch öfter nicht weiß, was sie mittags kochen soll, denn sie verdienen auch nicht viel. So ist es für eine Hausfrau auch schwer, wenn sie nicht weiß, woher nehmen und nicht stehlen. Ich habe gestern ja zwei Briefe an Vater und die Frau geschrieben. Sie müssen sich beide fügen und beide für ihre gemeinsamen Interessen arbeiten, damit sie etwas zu essen haben. Ich habe ja auch an die Frau geschrieben, sie müssten sich einig sein, zu Haus und auf dem Acker, mit Worten und mit Werken, ja, bei Tag und in der Nacht, alles gehört dazu, um sich zu verstehen. Sie müssten Spaß miteinander treiben und nicht so steifköpfig neben einander hergehen.. Das habe ich ihr geschrieben. Ich will aber schwer hoffen, dass Du ihr die Briefe gegeben hast? Du wirst Dich wohl erst gefreut haben, dass Du zwei Briefe kriegst, nicht wahr? Liebe Anna, wenn Du kannst, dann schicke mir Feldpostkarten und keine Briefe, das ist billiger. Schicke mir auch nichts zu rauchen, denn ich habe überhaupt keine Lust mehr am Rauchen. Nun Wünsche ich Euch allen von Herzen ein fröhliches und glückliches Lebewohl. Es grüßt und küsst Dich (hast Du nicht gemerkt?) Dein lieber Mann. (Es folgen die Grüße an Verwandte und Bekannte). Gott schütze Euch alle, auf ein fröhliches Wiedersehen.

Zu den Briefen

Ich zitiere hier zur Erläuterung aus einem Brief von Franz Marc an seine Frau vom 25. Okt. 15. Franz Marc, der bedeutende Künstler des deutschen Expressionismus, Mitbegründer des „Blauen Reiters“ war Offizier, schrieb recht ausführliche Briefe zu Fragen der Kunst nach Hause, scheute aber eine Kriegsberichterstattung:

„Du schreibst mir ein Klagekärtchen, dass ich mich gegen das tägliche Schreiben sträube. Ich habe in letzter Zeit aber recht fleißig geschrieben und meist auch recht gern; für die Unregelmäßigkeiten der Post kann ich natürlich nichts. Es ist für mich oft schwer zu schreiben, jeder äußere Anlaß fehlt, denn ich bring es nicht über mich, von hier zu erzählen; von Ried kann man erzählen, aber der Krieg heraußen macht stumm, - wenigstens mich. Sei froh, dass ich so bin. [ Er berichtet nun über ein plötzliches Kommando von P. ] ... An Pauls plötzlichem Kommando siehst Du, wie unberechenbar alles im Felde ist; das ist natürlich kein Trost für Dich; - das weiß ich schon, - aber eigentlich sollte es doch einer sein, denn das Schicksal ist Herr über unseren Leib, nicht der Krieg.“ zitiert nach Franz Marc, Briefe aus dem Felde, List Taschenbuch 1966 –

Marc fiel  am 4. März 1916 vor Verdun im Alter von 36 Jahren. In seinem Nachruf des ebenfalls im 1. Weltkrieg gefallenen August Macke beschreibt er selbst, welch menschlicher Verlust ein solcher Krieg für die einzelne Familie, aber auch für die Möglichkeiten einer ganzen Nation bedeutet. Leider ist dieses Büchlein nur noch im Antiquariat zu erwerben. Wie die „Mächtigen“ ohnehin offensichtlich die Erfahrungen der Schmerzen und der Schrecken zweier Weltkriege der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts vergessen und mit Gewehrkugeln und Raketen meinen, eine gerechtere Welt bauen zu können. Die große Mehrheit in Deutschland hat diese Lehren noch nicht vergessen, wie alle Umfragen zu den weltweiten Abenteuern der Bundeswehr belegen. Dabei halten sowohl die Literatur, als auch Malerei und Musik der letzten 100 Jahre einen reichhaltigen Schatz vor, der uns vor neuen Schrecken bewahren sollte.


Frankreich, den 01. November 1914

Liebe Anna!

Gestern Abend sind wir wieder von der 11. Komp. abgelöst worden, die ersten Briefzeilen habe ich noch im Schützengraben geschrieben, und weil ich jetzt Zeit habe, will ich Dir noch ein Paar Wörter mehr schreiben. Als wir gestern Abend abgelöst wurden, es war um 9 Uhr, die 11. Komp. ging in Reihen hinter uns her, habe ich aufgepasst, ob ein Bekannter dabei ist. Ganz plötzlich stand ich vor jemanden, den ich kannte. Wir gaben uns die Hand. Dennoch wußten wir beide zunächst nicht, wer wir jeweils waren, wir stellten uns dann gegenseitig noch einmal vor. Wir konnten uns nicht zuordnen wegen der Vollbärte. Es war Eberhard Müller, der bei Meyerinks wohnt. Er war gesund und munter, obgleich er, wie es zu Hause in der Zeitung gestanden hatte, bereits als vermisst gemeldet war. Nun hat er sich bei der 6. Kompanie doch eingefunden. Wenn einer vermisst ist, bedeutet dass also noch nichts. Liebe Anna, was kann ich mehr schreiben? Auf Karten dürfen wir den Ort und anderes eigentlich nicht angeben und es werden viele Briefe der einfachen Soldaten geöffnet. Wenn etwas Verdächtiges drin steht, werden sie nicht weitergeleitet. Wir sind jetzt wieder in Korci. Liebe Anna, sage bitte Marie Lindekamp, ihrem Mann gehe es gut, er lässt sie grüßen. Auch ihm fehlen die nötigen Fettigkeiten, denn der Hunger ist groß und wird immer schlimmer. Heute ist wieder schönes Wetter. Wenn es regnet ist es unerträglich bei dem matschigen Lehmboden. Liebe Anna, mündlich kann ich Dir mehr berichten. Es grüßt Dich Dein Dich liebender  Mann. Schreib recht bald wieder! Grüße auch an Wannink, Tüchter, Lambers Beniermann .....Ich schreibe jetzt auch noch eine Karte und schließe in der Hoffnung auf ein recht baldiges Wiedersehen

Sonntag, Laon, den 14.05.1916

Meine liebe Frau!

Da ich etwas Zeit habe, gedenke ich Dir einen kleinen Brief zu schreiben. Ich kann Dir noch das Allerbeste von mir mitteilen, bin hier noch bei der Abtlg., habe aber viel Dienst, alle 3 Tage Wache, heute bin ich wieder auf Wache. Haben uns heute Mittag ablichten lassen mit der ganzen B., Bild 20 PF., habe 6 bestellt und gleich bezahlt. Kommen aber erst in 10 Tagen. Wann ich in Urlaub komme, kann möglich sein Dienstag, oder nächsten Dienstag. Wenn ich dann nicht komme, werde ich wohl keinen Urlaub kriegen. Nächsten Donnerstag sind es noch 8 Tage, dann ist die Zeit schon wieder um, die mir der Arzt bei der Abtlg. verschrieben hatte. Was es dann gibt, weiß ich jetzt schon? Aller Wahrscheinlichkeit nach zur Front. Ich habe gestern einen schönen Brief von Dir erhalten, sage meinen allerbesten Dank. Und habe mich sehr gefreut, daß ich von Euch auch das Allerbeste gelesen habe, nur in der Gesundheit, sonst wird es Euch daheim wohl nicht mehr so besonders gehen, denn alles wird teurer und das Geld weniger. Gestern Abend haben sie hier noch einen Flieger herunter geschossen. Es regnet hier augenblicklich jeden Tag, sonst ist es günstig, denn es ist warm dabei. Wie ist es bei Euch? Hat es auch noch nachts gefroren, oder seid Ihr verschont geblieben? Denn es wäre zu wünschen, daß wir eine recht gute Ernte bekämen, ganz besonders für uns armen Leute wäre das zu wünschen. Die Truppenverschiebungen dauern jeden Tag fort, aber wofür und was los ist, alles unbekannt. Unser Rgt. wird heute oder morgen abgelöst. Man weiß ja nichts. Aber daß in der Kürze die Zeit nicht ist für besondere Ereignisse, ist hier verständlich. Mein Schatz, Du mußt Dich schon so allmählich daran gewöhnen, daß Du nicht jeden Tag ein Schreiben von mir erwarten kannst, denn ich werde jetzt und auch fürderhin nicht mehr so viel Zeit haben wie bisher, wo ich noch jeden Tag im Bett geschlafen habe. So viel ich kann, schreibe ich Euch auch, wie Du weißt. Liebe Anna, ich  warte mit großem Verlangen, ob es gelingt, Dich in Kürze noch einmal zu besuchen. Die Tage werden mir hier mächtig lang. Sonst kann und darf ich Dir nichts besonderes schreiben. Sei tausendmal gegrüßt und geküßt  von deinem lieben Mann. Auch schöne Grüße an Marie, Tüchters, Wanninks, Helene Luise, Brüder und Schwestern, ist Luise noch da?

Mein liebes Herz, auf Wiedersehen und schreib bald wieder.

Osnabrück, den 28.11.1915

Meine inniggeliebte Frau!

Endlich komme ich dazu, um Dir einen Brief zu schreiben. Ich habe wirklich wenig Zeit, denn wir müssen jeden Tag zweimal Mittagessen kochen, es sind augenblicklich über 1000 Mann, die essen haben müssen, es war schon an 3 Abenden 11 Uhr, bis wir fertig waren. Darum nimm es mir nicht übel, daß ich nicht eher geschrieben habe. Meine liebe Frau, gestern habe ich eine Karte erhalten, die Du am 18ten geschrieben hast, solange war sie unterwegs, war schon bei 4 Garnisonen, mein  ?schaftsführer war ein neuer, der hatte gesagt, ich sei nicht bei der dritten ?? , da sei sie wieder zurückgegangen. Deinen sehr schönen Brief habe ich erhalten und sage meinen herzlichen Dank. Gestern habe ich dir ein Paket geschickt, mit Bauchfleisch. Schreibe, ob es gut angekommen ist. Das habe ich auf einem Schein geholt, den der Feldwebel aus der Küche mir geschrieben hat, da habe ich es für denselben Preis gekriegt, wie wir es in der Küche erhalten. Es waren 11 Pfund, die kosten mich 11 Mark, nun laßt es Euch schmecken. Meine liebe Anna, ich habe alles für Dich über, morgen sind es schon 14 Tage, daß ich auf Urlaub war, was geht die Zeit dahin, ich möchte wohl gerne wieder bei dir sein, meine Liebe. Wann ich ins Feld komme, weiß ich noch nicht, es ist jetzt auch noch besser hier, wenn es auch manchmal etwas schäl wird. Es liegt hier Schnee und friert feste. Bei Euch ist es auch wohl recht kalt? Liebe Anna, ich kann meine Brieftasche  mit dem Bild nicht finden ist sie wohl bei Euch, daß ich sie vergessen habe? Dann schicke mir das Bild wieder, das andere brauche ich nicht. Ach meine Liebste, wäre es doch bald Frieden, ich verlange sehr danach, daß ich für immer wieder bei Euch sein kann. Sonst geht es mir noch recht gut, hoffe von Herzen das Beste von Euch allen. Wenn Du diesen Brief erhalten hast, antworte bitte, auch wenn es nur eine Karte ist. So lebt denn alle wohl, auf ein recht baldiges Wiedersehen. Tausend Grüße und Küsse von deinem lieben Mann. Die besten Grüße an Tüchter, Wanninks, Marie, Luise, Helene, Bruder und Frau, Schwestern, Bölt ...

Auf ein liebes Wiedersehen meine Lieben

Brief aus Frensdorf vom 07.07.1915, Feldpostbrief aus Russland & Brief aus Osnabrück

Mein lieber Mann!

Endlich habe ich Zeit, um Dir einen Brief zu schreiben. Montag morgen erhielt ich Deinen Brief und zwei Karten und gestern morgen eine Karte. Ich hatte keine Zeit um Dir gleich wieder zu antworten, denn es war Waschtag. Wie geht es Dir? Hoffentlich gut. Wir hier sind auch alle noch gut zufrieden. Du möchtest gerne wissen, was das Paket gekostet hat, das schreibe ich nicht, wenn es Dir bloß man geschmeckt hat. Gekauft habe ich alles, bloß den Schinken nicht. Die Eier sind auch nicht von Deinem Vater, die habe ich auch gekauft. Ich will Dir immer noch wohl gerne was schicken, denn ich tue alles aus lauter Liebe. Ich habe für mich immerhin noch genug und ich kriege meinen Teil auch wohl, darum mache Dir keine Sorgen um mich.  Wenn Du mal was nötig hast, dann mußt Du es mir nur schreiben. Wenn Du die Flasche nicht wieder schickst, dann bewahre sie und bringe sie mir mit, wenn Du auf Urlaub fährst. Luise hat mir auch geschrieben, daß sie diesen Monat uns besuchen will. Sie hat sich mit ihrem Mann, als er auf Urlaub war, abnehmen (fotografieren) lassen. Sie sieht aber abgemagert aus. So eben kam der Bote und brachte mir eine Karte, die Du am Montag geschrieben hast. Habe mich gefreut, daß Du noch gut zufrieden warst. Es hat hier diese Nacht tüchtig geregnet, was auch wohl sehr gut war, denn es war dieser tage wieder sehr warm. Nun will ich schließen in der Hoffnung auf bald mündlich mehr zu sagen. Sei herzlich gegrüßt und geküsst von Deiner lieben Frau.

Viele Grüße von Marie und allen Verwandten, Auf Wiedersehen!

 

Feldpostkarte

Russland, d. 9. 7. 15

Lieber Freund!

Deine Karte in guter Gesundheit erhalten, was mich sehr freute, wir sind aus Osnabrück heraus, sind jetzt in Russland, und Jan, der ist krank, er hat Lungenentzündung.

Es grüßt Dein Freund Alferink

Meine neue Adr.:

Gefreiter Alferink

8. Komp. Inftr Reg 78

10 Korps, 19 Division im Osten

Osnabrück, den 1.2. 1916

 

Meine innig geliebte Frau!

Will Dir jetzt schnell einen kleinen Brief schreiben, bin noch gut gesund und munter, was ich auch von Dir und meinen lieben Kindern hoffe. Ich habe Deinen schönen Brief erhalten und danke Dir herzlich. Ich habe Kaisers nicht gefeiert, habe den ganzen Tag gearbeitet wie sonst, wir haben bloß etwas besseres Essen bekommen. Es ist sonst auch im Bataillon gefeiert worden, bloß die Soldaten haben statt Dienst Kirchgang und nachmittags frei gehabt.

Liebe Anna! Du schreibst, daß Du dich noch immer nicht recht wohl fühlst von dem Sonntag her. Ich dachte, daß wäre Dir mal wieder ganz gut bekommen, mir hat es gut getan. Es hat mir auch recht gut gefallen, mal wieder bei Dir gewesen zu sein. Ich verlange jeden Tag nach Dir und denke allzeit: Ach könnte ich für immer wieder bei Dir sein, das ist mein einziger Wunsch, und Deiner vielleicht auch? Liebe Anna! Du schreibst, daß Mama und mein Vater auch gerne Fett haben wollen, ich kann die nächsten 3, 4 Wochen noch nichts bekommen, wenn ich etwas bekommen kann, dann schreibe ich es Dir, ich will sehen was ich kann. Aber im Ganzen sind das Reste, ob ich die noch kriegen kann, weiß ich nicht. Liebe herzensgute Frau, nimm es mir nicht übel, daß ich Dir nicht gleich auf Deinen Brief hin geschrieben habe, habe solange gewartet, daß ich Geld bekäme, weil ich Dir etwas schicken und diesem Brief beilegen wollte. Wenn Du es erhalten hast, dann schreibe es mir. Das Wetter war für die letzten Tage herrlich und schön, nämlich Sonntag war es wunderbares, schönes Wetter und ich wäre wieder gerne mit Dir ausgegangen (aber leider). Wir müssen augenblicklich für 11hundertfünfzig Mann kochen und haben viel Arbeit. Wann ich zurück ins Feld komme, weiß ich noch nicht. Es ist noch nicht bekannt, wann wieder ein Transport weggeht. Sonst alles beim alten. Nun sei tausend mal gegrüßt und geküßt von Deinem lieben Mann.

Auch viele Grüße an Marie, Tüchters, Wanninks Helene, Truida und alle anderen Verwandten und Bekannten. So lebt denn wohl, auf ein baldiges Wiedersehen, und schreibe wenn Du diesen Brief erhalten hast recht bald wieder.

Dein Mann

Datum unbekannt, Teilbrief, Anna an Geert, Tinte z.T. von Tränen verlaufen

...den Herrn in meiner Nähe zu haben und mir in allerlei Sachen hilft. Wenn ich mein Herz vor ihm ausgeschüttet habe, dann ist mir ganz leicht ums Herz. Wenn Du wieder hier bist, werde ich Dir anders entgegen kommen. Meine Sehnsucht zu Dir wächst alle Tage. Ach könnte ich mich an Dein Herz legen und tüchtig ausweinen. Mein Herz ist schwer, ich kann nicht mehr schreiben. Es ist schon spät, ich will mich zur Ruhe legen, aber ich muß erst noch Dein Bild besehen. Nun will ich schließen, sei vielmals gegrüßt von Deiner lieben Frau. Die Kinder schlafen alle so süß, vielleicht wirst Du jetzt auch wohl schlafen und süß träumen, nun ich diese Zeilen schreibe.
Nun gute Nacht.

Viel Grüße von den Verwandten.

Unvollständig, erster Teil des Briefes nicht auffindbar:

Liebe Anna,
ob Du noch allein bist oder bei Deinen Eltern und ob sie alle in der Heimat noch gut gesund sind, und ob die Verlustliste von unserem Regiment schon heraus ist, worüber Ihr staunen werdet. Antwerpen ist uns mitgeteilt gefallen und 130Tausend Gefangene gemacht, hoffentlich dauert es mit uns auch nicht mehr lange. Liebe Anna, es ist 4 Uhr nachmittags, ich will mich ein wenig hinlegen und schlafen in Deckung. Dann will ich schließen in der Hoffnung, daß Du diesen Brief mit Gesundheit lesen mögest. Herzliche Grüße an Euch alle, grüße Wannink, Tüchter, Somberg, Beniermann, meinen Bruder und Frau, Meyerink, Koicker? und Bölt und alle Bekannten und Verwandte, alle Wiedersehn auf Wiedersehn.

Meine Adr. ist:
An den Reservisten G. Tüchter
6. Komp. Inf. Regm No 78
Frankreich 10 Dmk. 19. Division
zur Zeit im Felde

Frensdorf, den 26.07.1915

Mein lieber Mann!

Soeben habe ich Deine Karte und deinen Brief erhalten und mich wieder gefreut. Habe Dir gestern auch eine Karte geschrieben und Dir mitgeteilt, dass ich zwei Pakete abgeschickt habe. Die Pfirsiche sind von Marie. Ich und die Kinder sind immer noch frisch und munter, was ich auch von Dir gelesen habe. Du schreibst, Du habest kein Schreibpapier mehr, ich hätte Dir noch was geschickt, aber weil Du geschrieben hast, das könntest Du dir noch selbst kaufen, habe ich es unterlassen. Wenn Du was nötig hast, musst Du es mir schreiben. Ich habe vorigen Monat wieder etwas mehr Geld bekommen. Damit auskommen täte ich sonst wohl, aber die Kinder sind in der Versicherung und Leni muß jede Woche eine Flasche Lebertran haben. Leni sitzt gern im Schaukelpferd und weil sie jetzt mehr in der Besserung ist, kriegt sie mehr Kräfte. Sonst ist hier alles beim alten. Alle Tage Regen, aber jetzt ist es etwas besser. Jetzt kann man den Roggen vom Lande holen, was man die ganzen Wochen nicht konnte. Hier sind auch Russen gekommen, die bei der Ernte helfen müssen. Vorige Woche waren ein paar in der Nähe unseres Hauses am Arbeiten. Lieber Mann, wenn möglich schicke ich Dir etwas Geld, wenn Du noch etwas länger in Halle bleibst. Ich gebe gern den letzten Groschen für Dich hin. Lieber Mann, meine Gedanken sind täglich bei Dir bei Nacht und bei Tage. Wir haben schwere Tage hinter uns. Ich glaube manchmal, es nicht ertragen zu können, aber der Herr schenkt mir immer wieder neue Kräfte. Wir wollen hoffen, dass es bald ein Ende nimmt und wir uns gesund wiedersehen mögen, das gebe Gott. Mit dieser Hoffnung will ich schließen und verbleibe Deine Dich ewig liebende Anna. Sei auch gegrüßt von Truida, Leni und Gertrud. Auch viele Grüße von Marie und allen Verwandten und dem Mädchen.

Frensdorf, den 25.6.1915

Mein lieber Mann!
Ich habe Deine Karte erhalten. Ich und die Kinder sind noch gut zufrieden. Habe gelesen, daß Du jetzt im Lazarett bist, es tut mir sehr leid. Aber ich bin doch noch froh, daß es nicht schlimmer gegangen ist, denn ich habe jetzt noch Hoffnung auf ein Wiedersehen. Wir wollen mit Gottes Hilfe bitten, daß Du bald wieder genesen magst. Es ist alles Gottes Wille. Ach könnte ich bei Dir sein und Deine Wunden verbinden und Dich pflegen, ich täte es gerne. Aber so musst Du Dich begnügen und ich weiß, daß ich in Gedanken allzeit bei Dir bin. Solltest Du große Schmerzen fühlen, dann denke an unseren lieben Heiland, der für uns alle sehr viel gelitten hat. Dann wirst Du Dich trösten. Ich hatte alle Tage Hoffnung, daß Du mit jedem Zuge kommen würdest, aber jetzt muß ich es erst aufgeben. Vielleicht später, wenn Du in Besserung bist. Ich habe jetzt ein Mädchen in der Kost aus Osnabrück. Sie gefällt mir sehr gut, muß in der Woche 10 Mark bezahlen. Sie schläft bei Marie. Ich habe zwei Betten, das Bett hat mich 65 Mark gekostet und ich habe es bar bezahlt. Harm Bartels ist hier auf Urlaub aus Russland, er ist gestern Abend gekommen. Hier herrscht diesen Sommer eine große Dürre, alles steht gelb auf dem Lande und dann die Nachtfröste. Bohnen und Kartoffeln sind verfroren. Ich habe zwei Briefe und auch eine Karte wieder zurück erhalten. Dann sind auch noch welche unterwegs mit einem Paket, das Du vielleicht noch nicht erhalten hast. Die kleine Gertrud ist schon 10 Wochen, was fliegt die Zeit dahin, ein niedliches Ding, sieht grad aus wie Du, sie lacht auch schon. Unsere Helene kann nicht laufen, ist noch zu schwach. Nun will ich schließen. Es grüßen Dich Deine tief schmerzende(?) Frau und die Kinder und alle Angehörigen. Auf ein gesundes Wiedersehen, Gruß von Marie und Helena, das Mädchen, das bei mir ist.

Feldpostbrief - Niederlahnstein, 14.08.1915

Meine liebe Anna!

Habe Deinen schönen Brief gestern Abend erhalten. Es freut mich sehr, daß es Euch allen noch wohl gut geht, habe mich sehr gefreut, daß Du mich besuchen wolltest, spare aber lieber das Geld, ich komme ja doch bald. Der Doktor hatte 3 Mann bestimmt, die Urlaub einreichen konnten, da hatten wir 14 Tage eingereicht, ist aber gestrichen worden, weil wir erst 3 Tage hier waren. Jetzt wollen wir noch erst warten. Es wird Zeit, daß ich Euch mal wieder sehe, es wird nicht lange mehr dauern. Es hat hier gestern Vormittag nach einem schweren Gewitter heftig geregnet. Wir bekommen viel Obst. Die Weintrauben sind noch nicht reif. 4 mal in der Woche gehen wir auch spazieren, so nach Stolzenfels, zur Loreley oder zum Rhein hinunter. Aber es ist immer so einsam, wärest Du liebe Anna bei mir, und wir könnten wie früher einmal Arm in Arm spazieren gehen, wie schön. Brief und Karte, die mir Frieling mitgeschickt haben soll, habe ich bis jetzt noch nicht erhalten. Liebe Anna, ich hoffe Du musst nicht mehr lange warten. Sobald wie möglich komme ich. So lebt denn alle wohl, auf Wiedersehen!
Es grüßt
Dein Mann.
Grüße an die Eltern, Luise, Marie, meinen Bruder und Frau und alle anderen.

Frankreich, den 23.11.1914

Liebe Anna!

Viele Grüße sendet Dein Mann. Ich bin noch gut gesund und das hoffe ich auch von Euch allen. Wir haben ja bald Weihnachten und wollen den Herrn bitten, daß wir es alle glücklich beleben mögen. Und ich wünsche auch im Neuen Jahr viel Glück. Ich habe diese Woche einen Brief und ein Paket von Bölt erhalten. Er schreibt im Briefe, daß ich mir keine Sorgen um Dich zu machen brauche, ja er schreibt, daß Du jeden Tag noch größer und dicker wirst? Aufmunterung für mich! Aber dennoch freue ich mich doch sehr, daß ihr alle gesund seid. Liebe Anna, von meinen Verwandten habe ich lange nichts mehr erhalten, über drei Wochen schon nichts mehr. Aber ich ärgere mich nicht darum. Ich weiß, ich habe eine Frau, worauf ich mich verlassen kann, und was kümmern mich dann all die anderen. Ich halte es für sehr traurig, daß sie in dieser Zeit es sich nicht gefallen lassen und sich die Zeit nehmen und einem, der so nah verwandt ist, nicht mal schreiben, das werde ich nicht vergessen. Liebe Anna, ich habe jetzt Posten auf einer Kanalbrücke und wir müssen 6 Stunden stehen mit Ablösung. Heute hat uns die Artillerie beschossen. Am 28. abends kommen wir zurück und haben 6 Tage Ruhe. Dann feiern wir Weihnachten und Neujahr in einmal, wenn wir bis dahin gesund bleiben und der Herr mit uns ist. Ich habe ein sehr schönes Paket von der Firma bekommen und habe mich herzlich dafür bedankt. Liebe Anna, schreibe mir, ob O. schon wieder da ist und ob Du ihn gesprochen hast, schreibe mir alles, was bei Euch los ist. Ich darf nicht viel schreiben. Aber ich glaube, daß es bald Friede ist und wir wollen alle den Herrn bitten, daß er bis zum Frieden mit uns ist und uns beschützt. Jetzt will ich schließen, grüße auch alle von Herzen. Grüße Marie, Helena, Wannink, Tüchter, meinen Bruder und Frau, Meyerink, Lambers, Beniermann, Bölt, Krieter und Alderink und Portheine. Auf ein fröhliches Wiedersehen. Schreibt mal bald wieder.

Viel Grüße von Deinem Mann an die Kinder.

Frensdorf, den 13.09.1915

Mein lieber Mann!

Gestern erhielt ich zwei Karten und heute morgen auch zwei. Habe gelesen, daß Du in Besserung bist, was mich sehr gefreut hat. Habe Deine Ansichtskarte auch erhalten, aber obwohl Du einen Bart hast, erkannte ich Dich gleich wieder. Bist nichts verändert, aber der Bart steht Dir ganz hübsch. Aber Du bist auch verwundet an der linken Hand. Davon hast Du mir ja nichts geschrieben, schreib mal, ob das auch schwer ist. Hast Du die Wunde gleichzeitig mit der am Bein erhalten? Es hat mich sehr gefreut, daß Du den Arzt mal fragen willst nach der kleinen Helene, dann wirst Du es mir wohl direkt schreiben. Ich habe bis jetzt 9 Mark aufgewendet. Ich brauche Emulsion Lebertran, die Flasche 3 Mark. Es ist hier bis jetzt alles noch beim alten. Es soll ja in der Fabrik auch nicht besser werden, noch ein paar Wochen, dann ist die Bestellung zu Ende. Bis Ende September hat Niehues Erlaubnis, seine Fabrik laufen zu lassen, dann muß er bei Gericht wieder anfragen. Lieber Mann, ich freue mich wirklich auf ein baldiges Wiedersehen.. Ob Du mich dann auch wohl gleich wieder erkennen wirst, denn ich habe mein Haar etwas verändert? Das macht nichts, Du wirst doch wohl nicht mehr so eifersüchtig sein wie früher. Ich glaube es nicht, denn auf dem Bild siehst Du fromm aus. Darin hast Du Dich geändert, denn früher hattest Du ein strenges Gesicht. Wenn ich des Morgens aufstehe und des Abends zu Bett gehe, dann muß ich Dich erst noch besehen. Truida sagte gestern, jetzt habe sie drei Papas, einen im Krieg, einen an der Wand und einen habe sie heute morgen gekriegt. Nun will ich schließen.

Es grüßt Deine Frau.

Frensdorf, 02.05.1915

Mein lieber Mann!

Habe vorgestern morgen deinen Brief erhalten und heute deine Karte. Ich will dir erst deinen Brief beantworten. Dein Vater ist immer noch gut zufrieden. Er ist bei mir vor drei Wochen oder 14 Tagen gewesen und hat nach dir gefragt. Er sagte auch, daß er dir ein Paket schicken wollte. Daß er nicht so oft schreiben kann, das mußt du ihm nicht übel nehmen, weil er selbst nicht schreiben kann. Wenn man`s schreiben lassen muß, dann weißt du wohl, wie das geht. Fleisch muß ich selber kaufen, bloß Speck habe ich selber im Vorrat. Jetzt will ich die Karte beantworten. Du hast geschrieben: „ Auf ein fröhliches Wiedersehen, und das ist keine!“ Daraus kann ich nicht klug werden, denn daraus kann man allerlei denken. Du mußt mir mal ausführlich schreiben, was das bedeutet. Ich warte mit Sehnsucht auf deine Antwort. Ich und die Kinder sind auch noch zufrieden, was ich ja auch von dir gelesen habe. Ich schicke dir heute 5 Mark, mußt mir schreiben, wenn du sie erhalten hast. Ich bin gestern bei deiner Schwester gewesen. Auch dort sind alle gut zuwege. Deine Schwester hat neulich gesagt, sie wolle mich besuchen, ist aber bis jetzt noch nicht bei mir gewesen. Sonst gibt es hier nichts Neues. Alle Tage regnerisches Wetter. Heiko, der ja schon verlobt war und bei den Ulanen diente, soll auch gefallen sein. Heinrich Behrens ist Sonnabend ausgerückt nach Rußland. Der hat mit dir in der Fabrik gearbeitet.
Nun lieber Mann will ich schließen. Auf ein baldiges Wiedersehen! Und sei tausendmal gegrüßt und geküßt von deiner treubleibenden Frau.
Auch herzliche Grüße senden deine Kinder Treuda, Leni und Gertrud, alle Verwandten und Bekannten.
Bitte nochmals um recht baldige Antwort auf die Frage, die ich in diesem Brief schon erwähnt habe!

Frensdorf, 15.08.1915

Mein lieber Mann! Ich will dir schnell einen Brief schreiben. Gestern erhielt ich mit Freuden deine schöne Karte. Ich und die Kinder befinden uns immer noch wohl und munter, hoffe dasselbe auch von dir. Wenn du mal was nötig bist oder doch sonst was haben willst, dann mußt du es mir schreiben. Du bist jetzt in einer herrlichen Gegend, ach, könnte ich bei dir sein. Aber daran ist ja einmal nichts zu ändern. Ich muß meine Pflicht zu Hause erfüllen und tue es auch mit Liebe. Ich kann mich jetzt keinen halben Tag von den Kindern trennen, so sind sie mir ans Herz gewachsen. Wärest du hier, du würdest wirklich deine Freude daran haben. Leni kann jetzt auch schon Papa sagen und dann zeigt sie auf das Bild an der Wand. Bis jetzt kennen sie noch keinen Vater, aber hoffentlich wird es nicht lange mehr dauern. Möge Gott uns bald ein siegreiches Ende verleihen und dich für immer wieder zu mir führen. Dann werde ich in manchen Teilen wieder gut zu machen wissen, was ich früher an dir verschuldet habe. Du wirst mir auch ja wohl alles verzeihen. Es ist hier sonst alles noch beim alten. Dein Vater ist hier kürzlich noch bei mir gewesen und hat nach dir gefragt. Lukas hat jetzt auch wieder geschrieben, ist noch fein zuwege. Luise geht morgen wieder weg, es hat ihr hier sehr gut gefallen, kann hier aber nicht länger mehr bleiben wegen der Unterstützung. Nun will ich schließen. Auf ein glückliches Wiedersehen!
Sei herzlich gegrüßt von deiner „unvergesslichen“ Frau.
Viele Grüße von deinen Kindern, Marie, dem Mädchen und allen Verwandten. Schreib bald wieder.

21.03.1915 & 23.03.1915

Liebe Anna!

Weil ich noch Zeit habe, will ich dir noch ein paar Zeilen mehr schreiben, brauchst mir nicht solche teuren Pakete zu schicken, wenn ich nur ein wenig Speck oder Wurst bekomme, Butter kann ich mir hier kaufen, das Pfund für eine Mark, Palmstern. Ich habe dir zwei Pakete geschickt, mit Blumen und Granatsplitter, schreibe, ob du sie erhalten hast. Die Bäume fangen hier an, grün zu werden, bei uns wird es noch wohl nicht der Fall sein. Das Regiment 169, in dem viele aus Nordhorn sind, ist hier weggekommen, vielleicht nach Russland. Sonst von hier nicht viel Neues. Somberg, Alferink, Westenberg, Brecker Gerd, der Sohn von Grossmann, sind alle noch gut gesund. Zum Schluß hoffe ich, daß auch ihr, wenn ihr diesen Brief erhaltet, noch gesund seid, daß der Herr dir die Kräfte wiedergibt, damit du die schwere Stunde, die dir bevorsteht, gut überwinden wirst. Liebe Anna, das hoffe ich von Herzen und ich wünsche dir das Beste. Ich hoffe aber auch, dass es Wanninks auch bald besser geht. Schicke mir sonst nichts mehr, als ich dir geschrieben habe, auch keine Spirituosen mehr, spare du das Geld, ich werde mir schon helfen. Es grüßt dein lieber Mann. Viele Grüße an Wannink, Helena, Marie, Vater, Bruder und Frau, Meyerink, Bölt, Koiker, Janna und alle Verwandten und Bekannten. Auf Wiedersehen, schreib wieder.
Liebe Anna!

Habe deinen schönen Brief erhalten und mich sehr darüber gefreut, daß ich in dem Brief lesen konnte, daß es dir besser geht, wünsche dir fernerhin gute Besserung und viel Glück. Ich fühle mich auch noch immer gut und noch zufrieden. Du schreibst, daß bei uns zu Hause schlechtes Wetter ist, hier ist es ganz anders, haben die letzte Zeit so schönes Wetter gehabt, wie es selten bei uns im Juni ist. Die Schwalben sind schon wieder hier und viele Bäume werden schon wieder grün. Ach könnten wir bei dieser schönsten Zeit des Jahres doch wieder zu Hause sein.. Die Österreichische Festung, die von den Russen belagert war, ist gefallen zu Gunsten der Russen und haben 25 tausend Mann und 500 Geschütze den Österreichern weggenommen. Aber das macht in diesem großen gewaltigen Krieg für uns nichts aus, deshalb gewinnen wir doch. Auf Urlaub möchte ich wohl kommen können. Aber, aber, wenn man das zweite Mal von den Lieben Abschied nehmen muß und man weiß, wie es im Felde ist und dann noch mal wieder hin muß, daß das nicht so leicht ist, das kannst du dir wohl denken. Und dann ist es das Schlimmste, daß es nicht sicher ist, ob man wieder zum selben Regiment kommt. Dann kann leicht möglich sein, daß man auf eine viel schlechtere Stelle kommt, und das wollte ich nicht gerne, denn hier ist es ziemlich gut. Wenn du es aber gerne willst, dann gehst du zum Doktor, daß du krank und im Wochenbett bist, läßt es vom Vorsteher stempeln und schickst es mir zu. Habe ein Paket mit Wurst von meinem Bruder erhalten. Wir bekommen eine andere Stellung etwas weiter links. Sonst nichts Neues. Sorge bitte dafür, daß das Grab noch verändert wird von B......, es kommt noch ein großer Stein darauf. Und grüße A... Es grüßt dich dein Mann. Ich wünsche dir viel Glück. Viele Grüße an Wannink, Marie, Helene, Bruder und Frau, Vater, Gertin, Bölt und alle Bekannten. Auf Wiedersehen. Ich schicke dir deine Briefe wieder zurück, wegwerfen mag ich sie nicht.

Frensdorf Nordhorn 27.6.1915

Feldpostkarte
An G.Tüchter
Kaserne L. Neumark
Schützenhaus Halle an der Saale

Lieber Bruder! Ich kann dir unsere beste Gesundheit mitteilen, ich habe auch zwei Karten von dir bekommen und gelesen, daß du verwundet bist und dem Herrn sei Dank, daß er dir beigestanden hat, daß du noch mit dem Leben davongekommen bist. Schreibe mir mal, wie schlimm es ist, wenn du da lange liegen mußt , dann werden wir dich, wenn es geht, mal besuchen oder kannst du uns bald besuchen? Jetzt will ich schließen. Schreibe Vater mal, er sagte, er hätte noch gar nichts bekommen,

Grüße J.H. Tüchter

Geschrieben den 13.04.1916

An
Frau Anna Tüchter
Frensdorf Post Nordhorn
Kreis Bentheim
Prov. Hannover
Hafenstr. 9

Liebe Frau und Kinder,

ich habe zwar noch keinen Brief erhalten, aber ich will schon mit einem an dich anfangen zu schreiben. Es geht mir augenblicklich sehr gut, und ich habe überhaupt kein Fieber mehr, so dass ich glaube, dass ich jetzt alles überwunden habe. Wie geht es dir und den lieben Kindern? Ich hoffe von Herzen noch allen recht gut. Denn was geht wohl über die Gesundheit, wenn es auch wohl schwer fällt in dieser Zeit. Dann ist ja doch unser Trost die Gesundheit. Wie kommst du mit der Unterstützung klar? Kommst du noch damit aus? Hast du meine 5 Mark erhalten? Ich gedenke dir in diesen Brief wieder was zu legen, aber ich will noch warten, ob ich heute Abend noch Nachricht bekomme. Es regnet hier heute den ganzen Tag, sonst kann ich von hier nichts besonderes schreiben. Meine ganze Post, die ich hier bis jetzt erhalten habe, sind zwei Briefe und eine Karte von dir. Das ist bis jetzt alles gewesen.

Liebe Anna, hast du noch Schmerzen? Hast vielleicht einen G kaputt gemacht? Ich da. f. k. u. w. d. Rätsel? Das weißt du doch, wie ich in der Sache bin, dass ich darin mein Wort wohl halten kann, nicht wahr meine Liebe?  Sp. Jetzt will ich Schluß machen und sehen, ob ich heute Abend einen Brief bekomme.

Liebe Anna, wie gedacht, so gekommen, ich erhielt auch wirklich einen Brief und auch eine Karte von Marie. Sage meinen besten Dank. Ich freue mich wirklich, dass es euch allen noch recht gut geht. Meine 3 oder 4, die noch unterwegs sind, kann ich in deinem Brief wohl merken, hast du noch nicht erhalten und das Geld auch noch nicht. Ich habe auch eine Karte für die kleine Gertrud abgeschickt. Nun wünsche ich euch allen ein glückliches Lebewohl. Es grüßt und küsst dich dein inniggeliebter Mann. Die besten Grüße an Marie, Tüchter, Wannink und alle Verwandten.

Gott schütze euch!    WPS

Frensdorf, den 27.06.1915

Mein lieber Mann!

Ich will dir noch eben einen Brief schreiben. Ich und die Kinder befinden uns immer noch wohl – was ich auch von dir hoffen werde. Wie geht es dir jetzt? Hast du noch große Schmerzen? Hoffentlich wird es bald besser. Ich habe gestern 1 Brief und 1 Karte von Saale erhalten. Wie du schreibst, möchtest du gern nach Osnabrück, was auch mein Wunsch ist. Dann können wir dich auch noch besuchen. Ich habe das Geld erhalten und sage besten Dank. Du brauchst mir nichts zu schicken, denn ich kann mir hier noch wohl helfen. Ich kriege von Marie 9 und von dem Mädchen, die bei mir ist, 10 Mark und dann noch die Unterstützung. Ich habe kürzlich angelangt (angefragt), ob ich nicht etwas mehr kriegen könnte. 9 Mark habe ich mehr gekriegt. Ob ich das jeden Monat erhalte, weiß ich nicht. Aber dann werde ich wieder anlangen, dann bekomme ich jeden Monat 39 Mark. Ich werde dir diese Woche auch noch ein Paket schicken aber will dir noch nicht verraten, was ich hinein tue. Röttgers, der die Kohlenhandlung hatte, ist gefallen. Klaus Wanschner und Rakers verwundet. Ernst B. ist auch gefallen. Lambers, der bei Bölt wohnt, ist hier auf Urlaub für drei Wochen, fährt am Mittwoch wieder weg. Hier war neulich das Gerücht aufgekommen, du wärst Unteroffizier geworden und hättest dir das eiserne Kreuz erworben auf einem russischen Kriegsschauplatz.

            Lieber Geert, erfülle mir einen Wunsch und lasse dich mal in Feldgrau abnehmen. Ich hab es dir auch wohl schon eher geschrieben. Du wirst den Brief wohl nicht erhalten haben. Marie hat schon drei von Lukas und Mama hat auch eins von Adam. Ich habe ein kleines Bild von dir von deiner Schwester Janna erhalten, was du während deiner Dienstzeit abgenommen hast. Ich habe es mit den Bildern der beiden Kinder in den Rahmen getan, den du aus Münster mitgebracht hast. Hast du mein Bild noch? Oder ist es dir schon verloren gegangen? Nun will ich schließen.

Es ist jetzt 1 Uhr mittags. Wir müssen was essen. Es gibt Gulasch mit jungen Erbsen und Würzelchen. Vielleicht wirst du auch wohl was essen und ich wünsche dir guten Appetit. Nun sei tausendmal gegrüßt und geküsst von deiner lieben Frau.

            Viele Grüße von Marie und allen Verwandten. Schreibe recht bald wieder! Auf ein gesundes Wiedersehen!


Briefumschlag:

An Frau G. Tuechter
Frensdorf - Hafenstraße GN8
Kreis Bentheim
Kgr. Hannover

Frankreich 20.01.1915

Liebe Anna!

Viele Grüße von hier sendet dein Mann, und bin immer noch guter Dinge, und das hoffe ich auch von euch allen. Ich habe die Pakete von dir und Maria erhalten und die Briefe auch. Ich freue mich, dass ihr daheim noch alle guter Dinge seid und sage dir und Maria besten Dank für die Pakete. Sehr schön gefällt mir das Taschenmesser, ich war an demselben Tag 2mal in der Kantine gewesen um ein Messer zu kaufen, er sagte, es wären keine da und abends bekam ich die Pakete mit dem Messer. Ich habe 1 Weihnachtspaket bekommen von Niehues-Dütting, von F. und der Gemeinde nicht. Ob sie es wohl abgeschickt haben? Ich warte jeden Tag auf Pakete mit Fettigkeiten, habe lange nichts mehr gehabt. Jetzt habe ich, da wir 6 Tage Ruhe hatten, 1 Pfund Butter gekauft. Und morgen geht es wieder in den Schützengraben. Mein Bruder schreibt, er schickte 2 Pakete ab, ich habe sie wohl noch nicht erhalten. Eine Karte von Veddeler habe ich erhalten, ist noch guter Dinge. Am Sonntag hatten wir uns mit 16 Nordhornern gesammelt und einen kleinen Spaziergang gemacht. Das waren S., der Brot fährt, Fritz F., S., B., A., B., W., A., Willi T., Sch., Schm., J., R. und noch ein paar andere. Es gibt hier viel Regen und ist sumpfig. Ich bin hier schon 19 Wochen in der ersten Linie. Da ich von zu Hause wegging, sagte man schon, es sei bald alle. Aber aber wie lange kann es jetzt noch dauern und die schlimmste Zeit ist jetzt. Diejenigen, die mal auf Urlaub kamen und waren die erste Zeit verwundet, die sagen (zwar), dass sie vieles mitgemacht haben, wenn sie auch mehr Märsche gehabt haben, aber der Feind wollte besser ausweichen, weil er seine Truppen noch nicht alle zusammen hatte. Jetzt hat er Truppen von allen Seiten vor uns stehn, und die Kälte geht durch Mark und Bein. Doch hiervon nichts mehr. Wenn es einmal soweit ist, dass Friede ist, ist die Freude soviel größer. Und wir wollen Gott bitten, dass die Zeit bald da ist. Jetzt will ich schließen, viele Grüße an dich und die Kinder von deinem Mann und auch an Maria, Helena, die Schwiegereltern, Vater, Bruder und Frau, alle Schwestern, Bölt, Koiker(?)

Auf ein fröhliches Wiedersehen

Frankreich, 12.11.1914

Liebe Anna! Ich habe am 10. einen Brief von dir erhalten, worüber ich mich sehr gefreut habe, ich habe darin gelesen, daß ihr noch alle gesund seid, bloß die kleine Helene, daß die nicht gut zufrieden ist. Wir wollen aber hoffen, daß es bald wieder besser ist. Ich habe schon so viele Male geschrieben an dich und die anderen, bloß wenn Vater und du sonst noch nichts erhalten habt, daß ihr meine Schreiben nicht alle bekommt, ich weiß es nicht. Es kommt mir wohl etwas eigentümlich vor in den Schreiben von dir, wie viel du schreibst, dass du eine Karte erhalten hast und ich schreibe doch wenigstens 2 bis 3 mal in der Woche bloß an dich und dann an die anderen auch fast jede Woche. Wenn du diesen Brief erhältst, dann sage ihnen, sie sollten mal schreiben. Ihr könnts gar nicht denken, wie man erwartet, daß man was Neues aus der Heimat hört. Hier in Feindesland hört man nichts als jeden Tag Kanonen und Gewehrfeuer.
Liebe Anna, ich habe ein Paket von Niehues und Dütting mit Zigarren und Zigaretten bekommen und erhalte jede Woche die Zeitung. Wenn du hörst, daß von irgendwem bei euch diejenigen, die im Felde sind, anzumelden sind, dann musst du das tun. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass H. bekannt macht, dass die Schulden anzumelden sind, damit du im nächsten Jahr nicht so hohe Steuern zu zahlen brauchst. Du mußt aber förmliche Zeugnisse von Friemann und Niehues u. Dütting beilegen. Und dann laß meinen Vater damit hingehen, sage ihm, ich hätte das geschrieben. Ich habe gesehen, daß die Sachen bei euch sehr teuer sind. Ich habe dir 2mal Geld geschickt, das erste ist schon über 14 Tage her für 20 Mark und jetzt habe ich wieder 15 Mark weggeschickt. Sobald du etwas erhältst, mußt du es mir schreiben. Koteletts brauchst du mir vorläufig nicht zu schicken. Zigarren habe ich genug und Fettigkeiten kann ich nicht mehr vertragen.
Liebe Anna, darüber kann ich dir etwas mitteilen. Gestern Nachmittag hatten wir ganz unverhofft etwas Fett erhalten. Wir besorgten uns Kartoffeln, eine Franzosen-Pfanne holten wir uns hervor und machten uns mit 4 Mann eine Pfanne voll Bratkartoffeln, gut mit Fett und Zwiebeln versehen. 2 Stunden später ging es schon los, alles kam raus, was drin war und das die ganze Nacht darauf. Nachts um 12 Uhr wurden wir geweckt zu einem langen Marsch, dann ging es wieder in den Schützengraben. Unser Zugführer befahl einem Sanitäter, bei mir zu bleiben in einem Dorfe 10 Minuten vom Graben entfernt bis daß es sich etwas besserte. Jetzt bin ich wieder gänzlich gut zufrieden und darum wollen wir uns vor Fett hüten, weil wir es nicht mehr gewöhnt sind.
Liebe Anna, ich kann dir mitteilen, dass ich seitdem ich von Osnabrück weg bin, tags und nachts meinen Anzug noch nicht wieder aus gehabt habe. Etwas waschen können wir das manchmal in 5-6 Tagen nicht, aber das bedeutet der Krieg. Liebe Anna, mündlich noch nichts mehr. Denke aber daran, das beim Vorsteher anzumelden, und lasse die wieder diesen Brief lesen, indem daß ich euch etwas mitteile.
An alle Verwandten, Lieber Vater, Schwiegereltern, Brüder und Schwestern und Schwägerinnen. Ihr wisst ja alle, in was für einem Geist wir stehen, selbst auch untereinander und selbst meine Frau und Kinder. Es wird auch von dem Herrn da oben im Himmel wohl belohnt werden. Denket daran. Jetzt will ich schließen. Es grüßt dein Mann, grüße Tüchters, Wannink, Lambers, Beniermann, meinen Bruder und Frau, Bölt und K. Schreib recht bald wieder.

Frensdorf, 02.08.1915

Mein lieber Mann! Habe dieser Tage deine Ansichtskarte und auch eine andere erhalten und mich sehr gefreut. Habe gelesen, dass du wegkommst in ein anderes Lazarett oder ins Ersatzbataillon. Wenn du wieder ins Lazarett musst, dann kannst du, wenn ich darum anfrage, hier ins hiesige Lazarett kommen. 20 sind im Krankenhaus und 20 im Klub. Du schreibst jetzt in Niederlahnstein nicht so viel wie in Halle. Wo du jetzt bist, werden wohl mehr Lustbarkeiten und Vergnügungen sein. Ich habe mir schon vieles erzählen lassen und weiß auch wie sie hier sind, aber mündlich mehr. Ich habe das Mädchen nicht mehr (in Kost). Die Fabriken laufen jetzt von morgens 6 bis abends 5 und sonnabends gar nicht. Der Meister hat ihr gesagt, es sollte bald gänzlich stehen und darum ist sie gegangen.
Ich und die Kinder sind immer noch wohl zufrieden, hoffe dasselbe von dir. Lukas hat jetzt auch wieder geschrieben, ist noch fein zuwege. Johann G. ist gefallen beim ersten Sturmangriff durch einen Kopfschuss. T., der mit Gertin W. verkehrte, auch, und auch Dütting. Alle in Russland. Es ist schrecklich, wie der Krieg tobt. Ach wäre es bald ein Ende. Wieviel Glück hat uns der Herr beschert, können ihm nicht genug dafür danken. Wir haben empfangen, was unsere Taten nicht wert sind. Heinrich L. ist jetzt in Russland. Jetzt weiß er auch, dass es einen Gott gibt, der ihn beschützen muß, wovon er früher nichts wissen wollte. Sonst gibt es hier nichts Neues. Alle Tage wegen. Kartoffeln sind wohl abgefroren aber fallen immer noch gut aus (Resteinkellerung). Nun will ich schließen, sei tausendmal gegrüßt u. geküsst von deiner dich innigliebenden Frau.

Viele Grüße von allen Verwandten und Bekannten.
Auf ein recht baldiges Wiedersehen!

Schreib bald wieder!

Frensdorf, 21.09.1915

Lieber Schwager! Habe deine Karte gestern in voller Gesundheit erhalten, wofür ich dir auch herzlich Dank sage. Es freut mich sehr, dass es mit deiner Verwundung bessert. Ich bin auch noch immer gut zufrieden und das ist die Hauptsache. Wie du mir schreibst, hast du von Lukas in langer Zeit nichts erhalten. Er muss dir wohl geschrieben haben, vielleicht sind die Karten nicht über gekommen. Er ist immer noch gut gesund und munter. Gerhard H. ist hier jetzt auf Urlaub. Wie groß war die Freude wieder einmal. Denn es ist bald ein Jahr her, dass er fort ist. Was ist es dann eine Freude über 12 Monate. Er ist auch noch gut gesund. Gesprochen habe ich noch nicht mit ihm. Es ist hier immer noch alles beim alten. Deine Frau ist auch gerade dabei, einen Brief an dich zu schreiben. Ich habe wirklich meine Freude an der kleinen Helene, seit sie den Lebertran bekommt. Man kann sehen, dass sie gut auskommt. Meine Eltern sind auch noch alle gut gesund. Hoffentlich ist der Krieg bald zu Ende. Mehr weiß ich heute nicht zu schreiben.

Es grüßt dich von Herzen

deine Schwägerin Marie

Ich lege dir gleichzeitig Lukas seine Adresse bei:
Unteroffizier Lukas V.
12. königl. Res Infftr. Regt 92
19. Res.Division, 3. Res.Bataillon
10. Armeekorps

Auf Wiedersehen mit Gott!

[Die Sprache ist für den Hochdeutschen Leser manchmal befremdlich. In Hochdeutsch zu schreiben, während man in Platt spricht, führt zu liebevollen Sprachblüten.]

Frensdorf, 04.09.1915

Mein lieber Mann! Ich habe deine Karte und deinen großen Brief aus Halle erhalten.
Gestern morgen habe ich deine Karte erhalten und mich sehr gefreut auf deine Besserung. Noch größer war die Freude, dass Du mich über 4 Wochen besuchen willst. Nimm es mir nicht übel, dass ich nicht eher geschrieben habe. Ich kann mich nicht gleich nieder setzen und schreiben wie du, denn ich habe heute viel zu tun zu Hause und auf dem Lande. Ich muss von morgens 4 bis abends 10 Uhr arbeiten und habe zwei Kinder, die noch nicht gehen können, und ein Mädchen in der Kost. M. und das Mädchen müssen um 5 Uhr in der Fabrik sein. Die Fabrik läuft bis zum September von morgens 5 bis abends 7 Uhr. Feldgraue Ware für Anzüge fürs Militär. Ich und die Kinder sind noch gut zufrieden, was ich auch von dir hoffen werde. Das Kind habe ich schon längst angemeldet. Ich habe auch schon angefragt um mehr Unterstützung, habe es vorigen Monat erhalten, weiß aber nicht, ob ich es diesen Monat auch erhalten werde, weiß ich nicht. Wenn sie`s mir absagen, dann kann ich nicht wieder auftreten, einmal muß genügen, denn dazu habe ich keine Natur. Den Brief habe ich schon längst erhalten, dass Willi Z. und W. gefallen sind. Herr B. und B. auch. Du schreibst, ob das der Sohn von R. ist, ja, die Kameraden haben es geschrieben, aber sie selbst haben noch keine Nachricht.
                           Die Feldpostkarten sind hier gerade so billig wie bei Euch.
                           Deinem Vater geht es ganz gut, habe in langer Zeit nichts mehr davon gehört, ob er sich jetzt besser mit seiner Frau vertragen kann; die erste Zeit nicht, aber sie wollten auch schon mal wieder auseinander, darüber mündlich vieles mehr. Von deiner Schwester B. weiß ich nicht, weiß ich nicht, wie es ihr geht.
                           Vorigen Sommer, da du noch hier warst, sind wir da alle zusammen gewesen, und seitdem ist hier noch keiner von beiden wieder gewesen. B. ist eingezogen worden, hat keinen Abschied und auch noch keine Karte geschickt.
                           Ich bin, da ich von der G. im Bette war, krank gewesen und musste drei Wochen im Bette liegen. Deine Schwester hat mich nicht besucht und ist überhaupt noch nicht, solange du weg bist, bei mir gewesen. Sie fragt nicht einmal nach mir und darum ich auch nicht nach ihr. Was darin liegt, ich weiß es nicht. Hebe ihr .......

Der Rest des Briefes ist leider nicht erhalten geblieben.

Frensdorf, 18.07.1915

Lieber Freund Tügter!
Deine Karte vom 25.6. erhalten und gesehen, dass Du verwundet bist im Oberschenkel. Du kannst Dich aber freuen, dass Du so gnädig davon abgekommen bist, wie leicht hätte es anders sein können. Wir sind alle gesund und munter, sowie Deine Frau und Kinder auch.. Vielleicht kommst Du doch nun auch wohl mal in Urlaub und kannst Du uns Deine Erlebnisse mal erzählen und wirst Dich freuen, wenn Du siehst, dass Deine Familie um 1 Glied stärker geworden ist.
Hier ist viel Arbeit, denn die Roggenernte ist im Gange und in den Fabriken ist auch viel Arbeit. Bei Niehues und Dütting wird abends bis 8 gearbeitet.
Diesen Sommer war es hier sehr trocken, aber jetzt haben wir Regen bekommen, so dass es noch alles gut geht und der Engländer mit Deutschland aushungern nicht durchkommt.
Lehrer W. ist auch gefallen, ich glaube, dass der in Galizien (?) bei dir gewesen ist.
Herzliche Grüße

Dein Freund
B. B.
und Frau und Kinder

Nächstens mündlich mehr, wenn Du in Urlaub kommst.

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