Gerd H. Köpke
sporadisches Tagebuch
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© 2019 Gerd H. Köpke

13. März 2014

Wenn

Wenn die Vögel in den Bäumen
zwitschernd von der Liebe träumen,
wenn die Knospen an den Zweigen
erste zarte Farben zeigen,
wenn die Hausfraun Fenster putzen
und den Postmann traulich duzen,
wenn die ersten Wespen summen,
Schlupfloch suchend nicht verstummen,
wenn die Sonnen früh am Morgen
alten Knochen Wärme borgen,
wenn die Autos Reifen wechseln,
und die Gärtner Hecken häckseln,
wenn der Mädchen Röcke wippen,
und du träumst vom Lippen Nippen,
wenn der Maulwurf wirft die Hügel,
und der Jüngling macht den Schniegel,
Winterpelz häng auf den Bügel,
schließ ihn hinter 1000 Siegel.
Denn ab jetzt, das ist dein Ding:
Freu dich auf den früh Frühling.

11. März 2014

Was sagt uns dieser Puh! Putin?
Ob wohl der Krimsekt putativ ihn passioniert?
Ist doch ein rechter Pubertin,
ein Wiedergänger Rasputin, lässt andre pluten.
Hat er zu viel der Pulque wohl probiert?
Was permittieren der Pykniker (gemäß TraPattoni),
und perludiert mit den Pistolen?
Wie permissiv begegnen wir dem pittoresken Putinismus?

Nichts Besseres weiß ich mir zu jeder Stund,
wir sind mit Heut und Tagesschau doch live dabei,
als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
wenn hinten weit in Ukranei,
die Völker aufeinander schlagen.

Hoffentlich putresziert der Konflikt pald
und keiner meint, er müsse auf den Putz hauen.

10. März 2014

Tatört

Till Eulenschweiger prügelt sich in Hamburg durchs wilde Kurdistan.
Er sollte Rih satteln und schnell wie Dohan ins lauschige Ohringen verschwinden.

05. Oktober 2013

Amsterdämliche Scheidung

Meine Frau heißt Gertien,
sie ist meine Gefährtin,
auch ist sie die Geliebte,
die sechste oder siebte.
Sie ist ein rechtes Plappermaul,
ist auch beim Shoppen gar nicht faul.
Sie kauft sich tausend Schuhe,
lässt seltenst mich in Ruhe.
Sie plappert früh, sie plappert spät,
doch wenn des Nachts der Turmhahn kräht,
pflegt sie ihre Migräne
und dreht mir eine Strähne.

Meine Frau heißt Gertien,
sie war meine Gefährtin.
Ich stieß sie in der Nacht
in eine tiefe Gracht
und zähle jetzt bis acht.

09. April 2013

April 2013

Herr: Es ist Zeit. Der Winter war sehr lang.
Leg deine Sonne auf die Schattenuhren
Und auf den Fluren mach dem Ostwind bang.

Befiehl den letzten Flocken: Lasst es sein!
Gib ihnen nicht noch weitere zwei Tage,
dränge sie zum Abschmelzen hin und jage
die letzte Kälte uns aus dem Gebein.

So mancher Hausbesitzer hat kein Heizöl mehr,
muss frieren und schon jetzt alleine bleiben,
muss zitternd wachen, lange Emails schreiben,
und wird in den Alleen hin und her
sich wärmer wandern? Nein! Im Bette bleiben.

02. August 2012

Mit welcher Begeisterung Kinder Seifenblasen erpusten! Mit leuchtenden Augen verfolgen sie ihren Flug und betrauern jedes Platzen.

Seifenblase

Wer wagt, wie du zu schweben
-ein Tanz von Luft auf Luft,
wer wagt, wie du zu beben
an einer  Blume Duft!

Auf einem Lichtstrahl zittert
dein Regenbogenkleid.
Auf dessen Seide flittert
die leichte Heiterkeit.

Du bist vom Wind getragen,
vom Atem und vom Hauch.
Du kugelst voll Behagen
in einen Fliederstrauch.

An einer weißen Dolde
zerplatzt dein Kleid - .
Ein Tropfen auf der Blüte
ist deine Ewigkeit.

    (aus den 90ern)


30. Juni 2012

aber eigentlich Winter 1801/1802

Man sieht auch hier in der Residenz (Wien) nichts als Papier und schlechtes Geld. Das Lenkseil mit schlechtem Gelde ist bekannt; man fährt daran, so lange es geht. Das Kassenpapier ist noch das unschuldigste Mittel die Armut zu decken, so lange der Kredit hält. Aber nach meiner Meinung ist für den Staat nichts verderblicher, und in dem Staat nichts ungerechter als eigentliche Staatspapiere, so wie unsere Staaten jetzt eingerichtet sind. Eingerechnet unsere Privilegien und Immunitäten, die freilich ein Widerspruch des öffentlichen Rechts sind, zahlen die Ärmeren fast durchaus fünf Sechsteile der Staatsbedürfnisse. Die Inhaber der Staatspapiere, sie mögen Namen haben wie sie wollen, gehören aber meistens zu den Reichen, oder wohl gar zu den Privilegiaten. Die Interessen werden wieder aus den Staatseinkünften bezahlt, die meistens von den Ärmern bestritten werden.

Ein beliebter Schriftsteller wollte vor kurzem die Wohltätigkeit der Staatsschulden in Sachsen dadurch beweisen, weil man durch dieses Mittel sehr gut seine Gelder unterbringen könne. Nach diesem Schlusse sind die Krankheiten ein großes Gut für die Menschheit, weil sich Ärzte, Chirurgen und Apotheker davon nähren. Ein eigener Ideengang, den freilich Leute nehmen können, die ohne Gemeinsinn gern viel Geld sicher unterbringen wollen. Das Resultat ist aber ohne vieles Nachdenken, dass durch die Staatsschulden die Ärmeren gezwungen sind, außer der alten Last auch noch den Reichen Interessen zu bezahlen, sie mögen wollen oder nicht. Bei einem Steuerkataster, auf allgemeine Gerechtigkeit gegründet, wäre das freilich anders. Aber jetzt haben die Reichen die Steuerscheine, und die Armen zahlen die Steuern. Man kann diese Logik nur bei einem Kasten voller Steuerobligationen bündig finden. Wo hätte der Staat die Verbindlichkeit (das Recht, Anm.) den Reichen auf Kosten der Armen ihre Kapitale zu verzinsen?

Zitiert nach Johann Gottfried Seume, "Spaziergang nach Syrakus", eine empfehlenswerte Lektüre.

25. Februar 2012

Fundsache

(aus der Neuen Osnabrücker Zeitung vom heutigen Tag, Interview mit Jonas Kaufmann):

Ralf Döring: Wie stehen Sie generell zum Regietheater?

Kaufmann: Ich persönlich wünsche mir mehr Respekt vor dem Komponisten: Seine Musik interpretiert den Text ja bereits. Entfernt sich die Regie zu weit davon, passt die Musik nicht mehr auf die Handlung, und damit verpufft ein Großteil der Wirkung, das vermindert die Wirkungskraft von Oper.

D: Da würden mir auch einige Beispiele einfallen...

K: Ja klar! Unter den Sängern herrscht Revolutionsstimmung! Eine Sängerin hat vorgeschlagen, vor Probenbeginn den Regisseur ein Notenbeispiel lesen zu lassen, um festzustellen, wie viel er überhaupt mit Musik zu tun hat. Ein Großteil des Probenprozesses (verbringt) man damit, dem Regisseur das Medium Oper zu erklären...

..um klarzumachen, warum Sie nicht mit dem Kopf nach unten singen können.

Beispielsweise! Wir hatten kürzlich den Fall, dass ein Kollege eine lange Wendeltreppe hinunterrennen sollte. (...) Der Sänger ließ sich (widerstrebend) darauf ein – bis der Dirigent bei der ersten Orchesterprobe sagte: „Um Himmels willen, man hört nichts, wir haben keinen Kontakt!“ Dennoch konnte der Regisseur nicht verstehen, worin das Problem besteht.



09. Februar 2012

Fundsache:

Heisenberg über seinen Mitarbeiter C.F. Weizsäcker am 14. Okt. 1943 in einem Brief an seine Frau:

"Ich verstehe mich im Grunde überhaupt nicht mit ihm; diese Art, alles prinzipiell zu nehmen und überall die 'letzte Entscheidung' zu erzwingen, ist mir völlig fremd... Mir ist dieser ewige Zirkel vom Glauben an die heiligsten Güter, die mit Feuer und Schwert verteidigt werden müssen, ganz unerträglich."

Bleibt zu fragen, was 'heiligste Güter' sind. Sollten die wie immer entstandenen und verfassten Handlungsmaximen in sozialen Systemen, etwa Behörden oder Firmen, hier auch gemeint sein? Der Eifer, mit dem "abweichendes Verhalten" verfolgt wird, nährt auf jeden Fall den Verdacht.


18. Januar 2012

Haben Sie gewusst, dass Gervais bei der Verleihung des Golden Globes geschwächelt hat?

Ich frage mich, was der französische Käse beim Golden Globe zu suchen hatte, in der Filmbranche? Sicher, so mancher hoch angekündigte Zelluloidstreifen (oder nennt sich das jetzt ein „Binomkonvolut?) schwächelt an der Kinokasse, zeigt sich insofern als Käse von Beginn an. Und deutsche Investoren, die ihr Geld mit Stolz geschwellter KSB (Kultur-Sponsoring-Brust) nach Hollywood tragen, um mit den Straßenfegern reich zu werden, entdecken dann auf ihrem Konto nur Käse. Wenn schon der Moderator käsig schwächelt, sollte man sein Geld doch lieber in Naturalien, zum Beispiel in französischen Käse anlegen. Aber schön dosiert, wie bei jeder Illusion! Und immer nur so viel, wie die Speisekammer olfaktorisch ertragen kann. Bleibt festzuhalten: Was das deutsche Feuilleton doch sporadisch für Käse zu berichten weiß!



26.September 2011

Warum gelten die Deutschen unter den Völkern, beschreiben sich sogar selbst als „tatenarm aber gedankenvoll?“ Ist nicht der „Untertan“ das Klischee des feigen Trachtens? Doch werfen wir nicht „Otto Normalverbraucher“ seine Feigheit vor. Mut vor Königsthronen, vor den Besserbossen muss man sich nicht nur leisten können. Es ist ein Leichtes, den Schwarmfischen mangelnde Griffigkeit vorzuwerfen, die Normalos an den höchsten moralischen Werten zu messen. Unter Hechten verlangt es nach Mimikry. Den Unterschied aber macht eher der „Obertan“, der den Widerspruch unterbindet. Den Unterschied macht eher der Chronist, der der Streitkultur übel nachredet. Darin handeln sie einig, der Chef und der Schreiber. Die Gegenrede und der Disput werden genussvoll denunziert, diskreditiert. Und so gilt es noch immer wie Hölderlin festzuhalten: „Wurzel allen Übels - Einig zu sein, ist göttlich und gut; woher ist die Sucht denn unter den Menschen, dass nur Einer und Eines nur sei?“

09. August 2011

Deutschland ist das kinderärmste Land in Europa. Was haben die Politiker und insbesondere auch die Politikerinnen in den letzten Jahren argumentiert, Gründe gefunden und wortreich beschrieben für diesen nun erneut veröffentlichten Mangel. Doch auch in den Medien weiß die schwatzende Klasse seit Jahren, woran es liegt, dass die deutsche Frau unterhalb der Reproduktionsquote ihrer Nachbarinnen bleibt. Die Kinderbetreuung sei mangelhaft, zu wenig Krippen, zu wenig Kindergärten, zu wenig Ganztagsschulen! Und viele Frauen im fertilen Alter bestätigen dies. Nicht wenige aber gestehen auf eine zweite, vertiefende Frage, dass sie dem richtigen Mann für ihren Kinderwunsch noch nicht begegnet seien. Nun hat man doch in den letzten Jahren an der Betreuungsfront schon deutliche Schritte in die geforderte Richtung gemacht, hat sich aber trotzdem nichts geändert, auch nicht annähernd nachweisbar in den Stadtteilen und Landstrichen, in denen Horte, Kindergärten, Ganztagsschulen für eine blühende Kinderlandschaft entwickelt wurden. Hort her und zack, gibt’s mehr Kinder? Wird wohl so sein, dass auch der Mangel an von Frauen wohlgelittenen Vätern nicht der eigentliche Grund ist. Schließlich sind Männer ja doch mannipulierbar.

Im Übrigen wurde am selben Tag wie zur Kinderarmut vermeldet, dass die Deutschen mit Abstand die meisten Konserven in Europa verkasematuckeln. Hä? Hat schon mal ein Institut untersucht, ob es da einen Zusammenhang gibt? Je mehr Konserven, desto weniger Kinder? Mit welcher Droge sind die Blechdosen versetzt, damit die Ravioli haltbar bleiben?

22. Juni 2011

Die alte Breslauer Burschenschaft Raczeks zu Bonn beantragte für den Burschentag am letzten Wochenende in Eisenach den Ausschluss der Mannheimer Burschenschaft Hansea aus der Deutschen Burschenschaft (DB). Grund: Sprecher der Hansea ist Kai-Ming Au,26, ein Student mit deutscher Staatsangehörigkeit, abgeleistetem Wehrdienst und elterlichen Wurzeln in Hongkong. Ich zitiere aus dem Antrag: „In Zeiten fortschreitender Überfremdung (ist es) nicht hinnehmbar, dass Menschen, welche nicht von deutschem Stamme sind, in die Deutschen Burschenschaften aufgenommen werden..... Eine nichteuropäische Gesichts- und Körpermorphologie (bedeutet) die Zugehörigkeit zu einer außereuropäischen populationsgenetischen Gruppierung, (die nicht) der geschichtlichen Schicksalsgemeinschaft des deutschen Volkes (angehört).“ Wo sitzen die Raczeks? „ In jenem kleinen, unbedeutenden Kaff am Rhein!“ (auch ein Zitat, woher nur, woher?)
In Zeiten fortschreitender Verblödung ist es nun wirklich nicht hinnehmbar, dass Menschen, welche zwar von deutschem Stamme sind (wobei dies ja noch genetisch zu verifizieren bliebe, eine Burschenschaft am Rhein, dem melting pot of nations der letzten 2,5 tausend Jahre), sich der Genderbewegung entziehen können, in dem sie Burschenschaften oder auch Burschinnenschaften gründen dürfen. Diese Gender separierende Monokultur oder auch die metrosexuelle Angleichung der Gesichts- und Körpermorphologie durch Unisex-body-displays belegt nur die Zugehörigkeit zu einer extraterrestrischen populationsgenetischen Gruppierung, die nicht der Schicksalsgemeinschaft der aneinander sich erfreuenden und/oder leidenden, sich reproduzierenden Spezies angehört (Quote!!!).
Im Übrigen: Wir schließen nichts aus! Stellen aber fest, dass Monokulturen für epidemische Dämlichkeiten anfällig sind und dass stumme, begierige Stille die angemessene Kommunikation für jene sei, die mehr aufnehmen als absondern sollten.

24. April 2011

Teeservice*

 

Tee-Service von Arzberg © Gerd Köpke

 

Wer sich die Zeit nimmt für DIE ZEIT, kann dazu nicht immer nur Rotwein trinken. Das wäre nicht gut fürs Überleberns. Tee ist das Genußmittel der Wahl. Und am Besten aus einer Tasse „1382“ von Arzberg. Dieses von Hermann Gretsch vor 80 Jahren entworfene, zeitlose Geschirr, Vorbild aller an den Bauhaus-Idealen ausgerichteten Geschirr-Serien, begleitet den ZEITleser unaufgeregt und zurückhaltend. Ob mit dem alten Dekor „Blaublüten“, mit dem frühlingsfrischen „Cambridge“ oder einem einfachen „Weiß“, dieser Tee mundet, er konzentriert den Leser auf das Wesentliche. Und eine Kanne „1382“ vom Trödelmarkt, noch mit dem Stempel aus den dreißiger/vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts bewahrt den Tee über die Zeit für DIE ZEIT.



*Dieser Text würde gekürzt auch in einem Internet - Blog der Wochenzeitung DIE ZEIT veröffentlicht.

14. März 2011

Drei Zitate vorweg:

„Die deutschen Atomkraftwerke sind nach Maßgabe dessen, was wir wissen, sicher,“ (Angela Merkel in der ARD am So., 13.03.2011)

„Allen Krisen ist gemein, dass sie unvorstellbar sind,“ (Ulrich Beck, SZ vom 14.03-2011)

„Die Notfall-Einrichtungen von [ ] allen [ ] deutschen Kernkraftwerken sind weltweit auf höchstem Niveau;“ (Jürgen Großmann, RWE-Chef, Interview in der Bild am 14.03.2011)

„Nach Maßgabe dessen, was wir wissen?“ (Merkel); aber nach jedem großen Unfall, nicht nur im Bereich der Atomenergie, wissen wir mehr; und auch das höchste Niveau lässt sich dann erfreulicherweise wieder steigern. Bedauerlich nur, dass wir nach einem deutschen GAU oder Teil-GAU das havarierte Kraftwerk nicht nach der Maßgabe der neuen Erkenntnisse nachrüsten können.

Und doch: Im Falle eines Unfalls bedarf es Helfer und Retter, die mit hoher Professionalität die sichtbaren und unsichtbaren, gefährlichen Folgen „bearbeiten, abarbeiten“ müssen. Das sollte nach Maßgabe dessen, was wir aus Harrisburg, Tschernobyl und jetzt Fukushima wissen, vorbereitend geübt werden. Ich bin dafür, dass die Pro-Atom-Entscheider aus Politik und Wirtschaft eine entsprechende Ausbildung erhalten. In den Folgejahren sind regelmäßige Fortbildungen nachzuweisen. Auffrischung und Erweiterung der Kompetenzen sind erforderlich.

Und dann: ja, im doch bei der überragenden Sicherheit der deutschen Kernkraftwerke unwahrscheinlichen Fall ist diese ASS (Atomschutzstaffel) sofort am Zuge. Atteste wegen grippaler Infekte (o.ä.) werden nicht akzeptiert.


15. Februar 2011

„Erfahrung brauchen vor allem weniger gute (mittelmäßige, Anm.) Fußballer, sie gleichen mit ihrer langjährigen Erfahrung ihre Defizite aus. Guten Fußballspielern fällt auch ohne Erfahrung immer was ein,“  so Mehmet Scholl als Ko-Kommentator und Experte am 9. Februar 2011. Er wird schon recht haben. Aber das ist es ja nicht allein. Wir wissen, dass häufig, zu häufig diese genialen Spieler von den mittelmäßigen gefoult werden. Ausgespielt oder genasführt zu werden, macht halt auch keinen Spaß. Diese Fouls der robusten, der erfahrenen Spieler an die filigranen, die kreativen führen oft zu langen Verletzungspausen.

   Nun sind wir uns sicher: Fußball ist wie im richtigen Leben. Hoffen wir, dass es sowohl hier, als auch dort, den einen oder den anderen gibt, dessen Genialität mit Robustheit gepaart ist.

   Untersuchungen aus den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts belegen, dass Lehrer diejenigen Schüler für kreativ halten, die so denken wie sie selbst. Schule ist also auch nur wie im richtigen Leben. Und die wahre Weisheit erlangt man wohl erst, wenn man erkennt, dass man die Mittelmäßigkeit um jene wenigen Zentimeter überragt, die es einem gestatten, sich bescheiden als mittelmäßig zu erkennen.


 

13. Februar 2011

Was macht man eigentlich so als jemand, der aus der Sicht anderer die Zeit im Überfluss hat. Den Keller aufräumen? Im Garten die Wildkräuter oder den Maulwurf vertreiben? Exkursionen, Studienreisen, bei denen einem fremde Länder und Gebräuche den Herrn danken lassen, dass man so nicht leben muss? Die Briefmarkensammlung der Jugend fortführen?

Nichts da! Ich habe mich heute mit CD-Einspielungen der Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach befasst. Viele Stunden zuhören, vergleichen, wiederholen, hörend eintauchen. Diese Aufnahmen stehen mir zur Verfügung:

Glenn Gould, 1955

Wilhelm Kempff, 1970

Glenn Gould, 1982

Keith Jarrett, 1989

Peter-Jan Belder, Cembalo, ?

Jacques Loussier Trio, 2000

Martin Stadtfeld, 2003

Rachlin, Imai, Maisky, StringTrio, 2006

Hansjörg Albrecht, Orgel, 2007

 

Alle überzeugen mich in ihrer Art. Ich wähle, will  ich die Goldberg Variationen hören, je nach Stimmungslage. Am häufigsten lege ich die 82er von Glenn Gould auf. Sie dauert im Vergleich zur 55er rund 13 Minuten länger.

Im übrigen: Sie haben noch nicht so recht den Zugang zur klassischen Musik gefunden? Wie verhalten Sie sich eigentlich in einem Museum mit einer Ausstellung zu den Malern des „Blauen Reiters“. Wie erleben Sie den Besuch eines großen Doms, des Kölner Doms beispielsweise. Sie staunen in Stille? Sie geraten ins Denken, Nachsinnen?

   Warum meinen Sie, Musik müsste Sie immer so ansprechen, als tummelten Sie sich im Stoßverkehr, als ständen Sie mitten in einer Fankurve, als tanzten sie nach dem Einschmeicheln eines Schmuseliedes......?

Rezept: Nehmen Sie die beiden ersten Stücke der Goldbergvariationen, stellen Sie sie auf Wiederholung und setzen sich in Ihren Lesesessel. Vielleicht lesen sie gar dabei, sinnen nur vergangenen oder zukünftigen Ereignissen nach. Selbst nach der zehnten Wiederholung hängt Ihnen die Musik nicht zum Halse (zu den Ohren) heraus. Wie schafft der Bach das? -(Auch das Plätschern eines Baches, die Brandung am Meer geht uns nicht auf die Nerven!).- Mit einem Mal erleben Sie sich dem Klavierspiel  unerklärlich nah.

 

Der Keller bleibt weiterhin aufzuräumen, bedeuten Sie Ihren Lieben, dass es Wichtigeres gibt. Und Uluru und Koalas muss man ohnehin in Australien zurück lassen.


06. Februar 2011

Wenn die Gedanken rückwärts festen Halt suchen, nutzen sie Notizen vergangener Jahre.             
Ein Text aus den Emder Jahren (91-95):

Ein Dunsthauch liegt über dem Delft. Die farblose Wintersonne schwebt an einem wolkenlosen Himmel. Das milchig blendende Licht verwischt die Stangen, Drähte und Masten des Hafens gegenüber. Vom Fenster meines Dienstzimmers blicke ich auf einen Teil der Hafenanlagen der Stadt Emden. Wie oft in den letzten Monaten geraten meine Gedanken ins Stolpern, und der Blick geht hinaus auf das Wasser.

   Sprache verkürzt die Wirklichkeit, Erinnerung erschließt vom Vergangenen mehr, als durch Sprache zu beschreiben ist. Dennoch entsteht nur ein unvollkommenes Bild aus bunten Splittern, und es bleibt die Lust auf das, was im Deutschen so einseitig Augenblick genannt wird. Als seien es nur die Augen. Erleben nutzt alle Sinne. Da gibt es Momente in meinem Leben, bei denen hatte ich gar das stumme Gefühl, es gebe mehr noch als fünf Sinne, mit denen ich erfahre, mit denen ich Eindrücke sammle.

        Ich schaue aus meinem Fenster auf den Delft. Der Frost der letzten Tage hat eine rauhe Eisschicht über das Wasser gezogen. Auch die klare Wintersonne taut sie selbst mittags nicht mehr auf. Diese Eisfläche ist strukturiert, nicht spiegelglatt, Scherben, die nebeneinander liegen, Eisblumen auf Brackwasser. Auf ihnen toben die Möwen wie Kinder, die sich über den Winter freuen. Sie wirbeln als beschwingte Flocken in der Luft, kreisen, drehen Loopings, jagen einander, kreischen vor Vergnügen, stürzen sich auf das Eis hinab, fangen sich, landen sanft, schlagen noch einige Male mit den Flügeln, plustern  sich auf, tun wichtig, necken einander, watscheln, staken umher, ruhen aus, wärmen sich an den dünnen Strahlen der lichtblauen Wintersonne. Plötzlich stieben sie auf, alle gemeinsam, von  verborgener Gefahr aufgescheucht. Ein Raubfisch unter der  Eisdecke? Oder spielen sie nur? Ausgelassen torkeln sie über das dünne Eis. Ein Seidenschleier liegt über der Szene.

 

Kontrapunkt:

 

Worte federn marmoriert

um den Tanz von Lobesam.

Ohren leiden Leichtgelächter.

Wessen Hand und wessen Scham?

 

Kahlgeschorene Gedanken

platzen auf, Angst perforiert.

Sensationen angerichtet

wie ein Festmahl, ungeniert.

 

 

( Auch damals also schon ein sporadisches Tagebuch!)


 

07. Dezember 2010

Es gibt Musikstücke, die mich nahezu das ganze Leben begleiten. „Take Five“ von Dave Brubeck gehört dazu. In den sechziger Jahren des 20. Jhdts untermalte „Take Five“ die Fêten nach Mitternacht, wenn das Licht zur besseren Erkundung der Dunkelheit ausgeschaltet war. Auch als Filmmusik für einen mit Freunden gedrehten Ballettfilm musste das Stück für Qualität sorgen. 16-mm-Kamera, der erste Tänzer am Theater in Münster, eine blonde Sirene aus dem Freundeskreis mit tänzerischer Begabung, all dies durfte ich als Kamera- und Regieassistent begleiten. Das heißt: Ich durfte die schweren Geräte tragen und für gute Laune sorgen. Wobei meine komödiantische Ader den Humor der vier Freunde wohl manchmal nicht traf. Also: Wir waren fünf! Und der Gemeindedirektor von Spiekeroog, wo die Handlung am Strand und in den Dünen spielte, wies uns auf die „Inkarnation eines Hauses“ hin.

Und heute? Es gibt auch andere Musiker, die sich an der Komposition von Paul Desmond versuchen, und das nicht schlecht! Aber: Der Jugend Zauber für und für, ruht lächelnd doch auf dir, auf dir: „Take Five“ von Dave Brubeck. Zwar meinen Kritiker, dass ein Quartett den Takt schwer halten kann. Doch gerade diese Tempowechsel sinds!

Dave Brubeck ist 90 geworden, Nimmt immer noch vier für „Take Five“


17. November 2010

Polititisch ist entschieden,
die Behörde soll in Frieden
-nein, nicht ruhn!
sondern springt als Schulbeherde
über diese Schulbehürde,
opportun.
13 Jahre Förmchen spielen,
Ra Ri Ru Reförmchen spielen:
Schampus, nicht Schampun!

22.08.2010: Gutscheine für Bildung und Kultur? Chipkarten?

Wer ist anspruchsberechtigt (19 Buchstaben!)?

Kinder von Langzeitarbeitslosen (19 Buchstaben), Hartz-4-Empfängern, also ALG2-Kinder. Da gehen wir von einem kulturellen Minderstandard aus. Aber bevor ALG2 greift, muss man erst durch Alg1 durch. Jeder Langzeitarbeitslose ist vorher Kurzzeitarbeitsloser. Könne Betroffene auf Antrag schneller zum Gutschein kommen, damit der Zoobesuch eher gratis wird? Was ist mit Kindern von Geringverdienern, Tagelöhnern, also aus dem anders dotierten Prekariat? Ist unabhängig von Alg2 eine Einkommensgrenze festzulegen? Etwa die Versicherungspflichtgrenze? Diese Menschen haben sich ja schon an die Wartezimmer gewöhnt. Sollte das Bildungsniveau der Eltern zugrunde gelegt werden? Schließlich können arbeitslose Akademiker ihren Kindern selbst fehlerfrei vorlesen. Und was ist mit den Wohlstandsverwahrlosten (23 Buchstaben)? Offensichtlich kann die Gesellschaft die Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen nicht mehr nur privatisieren, dabei kommt ein zu großer Anteil unter die Räder.
Was wird bezuschusst?
Bildung! Was ist das? Hat diese Gesellschaft schon mal eine breit angelegte Diskussion dazu geführt? Und Bildung, so geht das Vulgärverständnis, wird doch in der Schule vermittelt. Die Fachliteratur bemisst sich in Metern, die die Schule als kulturellen Lebensort beschreibt. Erfolgreiche Schulen öffnen die Klassentür zu den regionalen und überregionalen Kulturangeboten! Zoobesuche! Tiergärten sind nicht gleichmäßig verteilt im Lande. Welcher Zoo kommt ohne kommunalen Zuschuss aus? Eine neue Bürokratie für einen Teil der Kinder? Oder könnte über die Schule jedes Kind für vielleicht 5 Besuche im Jahr eine Eintrittskarte erhalten? Das wäre didaktisch einzubinden, Semesterarbeiten? Theater, Museen! Gehen diese Kinder von sich aus ins Theater, deren Eltern nicht mal den ZDF-Theaterkanal kennen? Ergeben solche Besuche erst Sinn, mit einer motivierenden Pädagogik? Also auch hier: Die Schule der Nation ist die Schule. Nachhilfe! Aber die Schule könnte doch am besten fördern und Nachhilfe obsolet machen. Musikunterricht! Bei den kommunalen Musikschulen gilt das, was oben gesagt wurde. Es gilt, vorhandene Strukturen besser ausstatten und dann nutzen und keine Nebenstrukturen schaffen. Anbieter auf dem freien Markt? Wer zertifiziert sie? Welch ein bürokratischer Aufwand, wenn einem 10jährigen Mädchen der Flötenunterricht bezahlt werden soll. Braucht die „freie“ Musiklehrerin ein Kartenlesegerät? Na, wenigstens müsste sie zur Freude der Finanzminister diese bisher schwarzen Arbeiten endlich versteuern. Und auch hier gilt, dass in der Schule und über sie ein solcher Musikunterricht ebenso angeboten werden könnte.
Was also wäre zu tun?
Den Lehrkräften die Möglichkeit geben, die Kinder und dann unabhängig vom Einkommen der Kinder besser zu fördern. Schule zum kulturellen Lebensraum umgestalten! Individuelle Förderung möglich machen! Etwa durch ein Tutorensystem in der Schule, bei der die Lehrkräfte den Bildungsgang eines Kindes über mehrere Jahre begleiten. Das ist eine andere Pädagogik und bedarf einer kontinuierlichen Lehrerfortbildung. (Ältere erinnern sich noch an den Film „Der Pauker“ mit Heinz Rühmann?) Das würde allerdings eine bessere personelle Ausstattung der Schulen erfordern, vielleicht den Abschied von G8. Eine Schule, die über das Kognitive hinaus wirksam ist. Schulen schaffen, bei denen die „Prekariatskinder“ nicht die Lehrkraft als einzige Person erleben, die fehlerfrei lesen kann, in denen sie sich gleichwertig angenommen und unterstützt fühlen. Wer will, dass die Kamele sauberes Wasser trinken, muss die Brunnen verbessern. In Deutschland ist die Versorgung mit Schulpsychologen im Vergleich zu den anderen Industrienationen beschämend. Mehr Sozialpädagogen, die aber bereits in der Ausbildung auf schulische Feldkompetenz vorbereitet werden und insofern ins pädagogische Konzept einer Schule zu integrieren sind, nicht Reparateure sondern ergänzende Kompetenz sind. Ich könnte noch eine ganze Reihe von Maßnahmen anführen. Ziel dieser Maßnahmen sollte es sein, den Anteil der verlorenen Kinder deutlich zu verkleinern, aber auch die Schule insgesamt zu einer demokratisch legitimierten Kulturinstitution zu entwickeln und der Trivialisierung und dem Zynismus eine Zukunftsfreude entgegen zu setzen.
Die Chipkarte beantwortet nur das BVG-Urteil. Wer evaluiert den Erfolg?
Na sicher, das kostet mehr Geld. Die Länder und die Kommunen müssten finanziell deutlich besser gestellt werden. Mehr Kompetenzen in Bildungsfragen dem Bund? Wer garantiert, dass eine Vereinheitlichung erfolgreicher ist? Unter Fehlentscheidungen müssten alle leiden. Es würde schon helfen, dass in den Landtagen die Änderung von Schulstrukturen einer Dreiviertelmehrheit bedürfen. Nein, mehr Verantwortung möglichst in kleine Strukturen! Große Schiffe sind nicht wendig genug, sie transportieren nur Massengüter oder normierte Container.
Wenn wir tatsächlich uns zur Bildungsrepublik entwickeln wollen, uns, was den Anteil des Bruttosozialproduktes an den Bildungsausgaben angeht, an die Spitze der Industrienationen begäben, na ein deutlich oberer Platz würde schon reichen, dann würden wir unseren einzigen Rohstoff, die Bildung, zukunftsfähig machen, dann gäbe es genügend Mittel. Und dann würden die Eltern der Kinder von Langzeitarbeitslosen dennoch mehr Geld erhalten müssen. Kinder kosten halt Geld. Den Eltern und dem Staat. Sie sind in diesem unseren Lande unterfinanziert.

03. August 2010

Ich war nicht eingeladen auf Chelseas Hochzeit – obwohl ich kenne jemanden, der einen kennt, der mit Bill befreundet ist. Aber ich werde die vielfachen Bitten um meine Eindrücke oder um Film- oder Fotoaufnahmen leider abschlägig bescheiden müssen. Berichte, wie es Lindsay Lohan oder Jörg Kachelmann im Knast ergangen ist, kann ich leider nicht liefern. Ich weiß nicht einmal, ob sie sich dort getroffen haben und etwa gemeinsam Schach gespielt haben, die Zeit der öffentlichen Wegsperrung halbwegs sinnvoll totzuschlagen. Wohl eher nicht, putative vergewalTiger werden sicher nicht mit rückfälligen Alki-Fahrerinnen in ein Loch gesperrt. Ohnehin ist die Frage, ob nicht das Zeit Totschlagen ein eigener Tatbestand ist, der der gesellschaftlichen Ächtung in Form von Haftstrafe bedarf. Also Vorsicht ist geboten: Wer sich mit Blick aus der Zukunft mit Nichtigkeiten beschäftigt, wird mit Schweigen oder Vergessen bestraft! Sie fragen sich sicher, wo ich mich ansonsten rumgetrieben habe. Welches Alibi steht mir zur Verfügung, das es mir erlaubt, dem selbstreferenziellen Schwatzen im Auditorium zu entfleuchen? Etwa daheim den Keller aufgeräumt oder das verlodderte Gästezimmer renoviert - und das, ohne Zeugen? Der lesende, surfende oder fernsehende Mob rast und sucht mein Opfer? Ich weiß nur, ich bin’s nicht gewesen, ich habe am öffentlichen Palaver doch tangential passiv teilgenommen. Also gönne ich mir die Betäubung: Eine Flasche der Witwe Klick bei freier Wahl des Duellpartners.

2. Juni 2010

Kennen Sie noch Lena Meyer-Landrut? Die junge Frau, die in Oslo diesen Preis erhielt!
Nein, nicht den Friedensnobelpreis oder so. Diesen European Song Contest. „Sie sind eine Botschafterin für unser Land, die in einer Nacht so manches althergebrachte Vorurteil sympathisch widerlegt hat“, beglückwünschte sie der ebenfalls dilettierende Außenminister. Nur dass der nicht so sympathisch rüberkommt, ihm fehlt wohl dieses Kindchenschema. Was will uns Herr W. sagen? Von welchen Vorurteilen redet er? Sollen wir Stefan Raab engagieren, um ihn zu coachen?
Um 1990 herum warb die Deutsche Bank – oder war es Mercedes? – mit dem Satz: „Es ist ein schönes Gefühl, wenn aus Leistung Erfolg wird.“ Dazu dann das Bild eines juvenilen Tennisspielers B.B. Nobelpreisträger waren damals für eine solche Werbung wohl nicht verfügbar.
Was brauchen wir Deutschen solche Intelligenzler überhaupt noch? Wir haben Boris und Steffi, Michael, Heidi und Lena. Serve und Volley ist das Erfolgsrezept der globalisierten Welt. Investitionen in Bildung und Wissenschaft tragen ohnehin erst in Jahrzehnten Früchte, das juckt doch die Börse nicht. Was bringt das für den Wert meiner Rentenfonds? Behutsame Reflexion und verliebtes Reagenzglas schütteln? Solche Fach-Mimosen halten ja nicht mal als Bundespräsident durch! Ein paar mehr dieser Weltstars brauchen wir, den Homo lenensis sozusagen. Dann versickert auch nicht so viel Geld in der Bildung.
Langfristig in Bildung und Zukunft zu investieren, das ist doch eines dieser unsympathischen Vorurteile!
Nur? An welchem Contest sollte der Außenminister teilnehmen?
European Song Contest? ESC? Ganz links oben auf der Tastatur !

31. Mai 2010

Das Leben im Schwarm lässt ein Heuschrecken-Gehirn wachsen. Haben Biologen herausgefunden! Und wir? Was machen wir nun mit dieser Erkenntnis? Schließlich halten wir uns ja die Wissenschaft –pardon- halten die Wissenschaft für notwendig, dass sie uns Wissen schafft, damit unser aller Leben einfacher, besser,...... zu gestalten ist.

  Da gibt es doch in den letzten Jahren diagnostiziertes Schwarmverhalten von Menschen, bei dem wir eher eine andere Vermutung haben. Dass es aus Bequemlichkeit des Denkens, also schrumpfender Gehirnmasse entsteht.  Vielleicht schrumpft zwar menschliches Gehirn im Schwarm, die Geldbörse aber wächst - wenigstens temporär? Ratten drücken immer wieder auf den selben Knopf von mehreren, der ihnen zufällig einmal Leckereien spendete. Sie nehmen den nächsten Zufall als Bestätigung. Sollten wir die Biologen bitten, die Korrelationen zwischen Gehirn und Schwarmverhalten bei Menschen auch zu untersuchen? Hängt die Größe des Gehirns möglicherweise vom Zweck des Schwarms ab? Von der Kommunikation im Schwarm? Gibt es gute und böse Schwärme? Gibt es Vorteile für Schwarm-Mitglieder auf Kosten von Individualisten (Mobbing) oder von anderen, schwächeren Schwärmen?

„Immer strebe zum Ganzen, und kannst du selber kein Ganzes sein, schließ einem Ganzen dich an,“ belehrt uns Schiller. Ich vermute, er meinte das zivilisatorisch, moralisch, nicht als Instinkt fürs eigene Wachstum. Sicher, es ist nicht auszuschließen, dass selbst der intelligenteste Einzelgänger in der Zusammenarbeit mit anderen schlauer wird – es ist nicht aus zu schließen! Aber im Gegensatz zur Heuschrecke sind Menschen mit einem Gehirn beschenkt, dessen Möglichkeiten sie noch nicht so recht ausgereizt zu haben scheinen!

  Erst selber denken, dann sich einem Ganzen anschließen und auf keinen Fall bloß dumpf schwärmen!

15. Mai 2010

Der Frühling kleckst die im Winter ergraute Landschaft grün. Das öffnet die Herzen und den Verstand für die erwachende Natur und für grünes Gedankengut. Du fühlst dich freier und glücklicher.
Als Hausbesitzer auf einem bescheidenen Grundstück am Rande der städtischen Ökumene wirst du jedoch alsbald eines besseren belehrt. All deine Kulturpflanzen bedürfen der tätigen Zuneigung, des liebevollen Zuspruchs. Was allerdings ohne dein Zutun empor schießt und wild wuchert, darfst du nicht Unkraut nennen. Wildkräuter! Und das Präfix „wild“ hat sich zu einer Auszeichnung der besonderen Art entwickelt! Wild zu verspeisen galt ehedem als aristokratisches Vorrecht, das sich sporadisch zwar heute auch der Pöbel leisten kann, aber irgendwie kommst du dir dennoch als Wilderer vor. Dein schmales Handtuch ist kein Latifundium, was wild und ungezähmt huscht und wühlt sind Mäuse und Maulwürfe. Denen sagst du den Kampf an. Als Wildbuche stolzieren heute Möbelstücke ins Wohnzimmer, deren Holz sich früher wegen der großflächigen, dunklen Male nur in den Kamin getraut hätte.
Und erst die Wildkräuter! In meiner Jugend quälte mich im Garten meiner Eltern die Quecke mit explodierendem Wurzelgeflecht. Über die Bedrängnisse meiner Jugend wird im Rückblick auf den Sturm und Drang an anderer Stelle noch zu berichten sein. Heute jedenfalls kostet mich der Giersch Zeit und Kraft. Erneut sind es die Wurzeln, die sich tückisch im Verborgenen verflechten. Und da kommt das grüne Gedankengut wieder ins Spiel: Die Vertreter dieser Spezies lassen inzwischen selbst die grüne Latzhose im Gartenhaus hängen, gewanden sich casual und genießen die Toskana oder Oper, Museum, Konzerthalle, sammeln Bonusmeilen. Ihr Credo jedoch sitzt tief in unser aller Gewissen. Grün ist Leben! Giersch kannst du essen! Schon mal probiert? Warum ist die Pflanze bisher noch nicht im Supermarkt frisch oder gefroren aufgetaucht? Ich kann es dir verraten: Es lohnt sich nicht! Geschmacklich nicht! Und so gilt: Grünem Gedankengut ist zu misstrauen, erkläre mutig den Giersch zu Unkraut und bekämpfe ihn, du Heimgarten-Sisyphus! Der Unterschied zu meiner Jugend? Ich quälte und quäle meine Kinder nicht mit dieser Arbeit ( Vielleicht hätte ich das tun sollen, um ihnen die Fähigkeit zur begleitenden Kontemplation als seelisch viriles Wurzelgeflecht zu vermitteln?). Stellt sich abschließend die Frage: Was ist Freiheit, was ist Glück?
Das beantwortest du dir jetzt in diesem Zusammenhang mal schön selbst.
Ich muss in den Garten!

02. März 2010

Die Bischöfin ist bei Rot über die Ampel gefahren. Oder ist vielleicht doch bei Rot (bei roter Ampel) über die Kreuzung gefahren?
In einigen kirchlich gebundenen Schulen einer bestimmten Glaubensgemeinschaft haben einige lehrende Priester missbräuchlich Unzucht mit Abhängigen betrieben. Sind Zöglinge grundsätzlich Ziel von Zucht?
Wäre also Zucht mit Abhängigen weniger schlimm? Und was ist dann Zucht, was Unzucht? Unzucht mit Unabhängigen (etwa Anhänglichen) wäre erlaubt? Ist Unzucht mit Unabhängigen überhaupt möglich?
Wird also Unzucht erst zur Unzucht, wenn sie sich an Abhängige richtet? Das wäre sozusagen ein moralischer Quantensprung mit einer rückwirkenden Eigenschaftsänderung. Wann wird ein Unabhängiger zum Abhängigen? Kann sich das auch während des Prozesses der Unzucht entwickeln? Überhaupt: Wann herrscht zwischen Menschen Zucht (und Ordnung)?
Auf jeden Fall nicht bei Missbrauch von Macht, Macht, die einem verliehen ist, die man sich erarbeitet hat, die einem zugewachsen ist, die einem angetragen, aufgedrängt wird.
Wissen ist Macht. Man kann es, das Wissen, offensichtlich missbrauchen. Zum Beispiel als mehr wissender Lehrer gegenüber den „Anbefohlenen“. Und der Missbrauch wächst im Verborgenen, im Dunkel der Nacht. Wäre die Bischöfen bei gleichem Delikt am helllichten Tag mit vollen Straßen auch entdeckt worden? Wird Unzucht vor aller Augen im Gewimmel und Gedröhn vielleicht übersehen?
Auf jeden Fall gilt: Wer um die Aufgabe einer roten Ampel weiß, hält besser an. Sonst wird er der Unzucht mit Ampeln bezichtigt und behauptet, er sei über sie hinweg gefahren.
Sprache ist schon ein Anlass zum Grübeln.

14. Februar 2010

Es gibt Dinge, die sind unsichtbar. Der Nordpol beispielsweise. Irgendwie hat es der Weltengeist geschafft, den Globus ohne sichtbare Achse um sich drehen zu lassen. Auch der Äquator: Weder zwingt eine schimärische Mauer die Reisenden zu einem kühnen Sprunge auf die Südhalbkugel, noch hat ein Energie-Oligopol der UNO eine weltumspannende Lichtorgel aufgeschwatzt. Schon bei jedem Fußballspiel bewahrheitet sich die Erkenntnis von Heraklit: „Mehr als sichtbare gilt unsichtbare Harmonie.“ Ob es nun gerade immer das Wesentliche ist, was für die Augen unsichtbar bleibt, will ich hier nicht erörtern. Zumindest wird der Fahrer im Straßengraben dieser Erkenntnis schon sehr nahe sein, wenn er das Glatteis nicht gesehen hat. Und damit wären wir bei der Vieldeutigkeit des Wortes „sehen“.
Es gibt zwar ein zweites Gesicht (nicht das nach dem Lifting ist gemeint!), von einem zweiten Gehör habe ich bis dato noch nichts vernommen. Und das ist schon seltsam. Wir schließen die Augen, wenn wir einen Anblick nicht mehr ertragen können. Welchen Sinn sollte es haben, dass unsere Ohren nicht mit Pax-Lidern ausgestattet sind. Sicher: Das Anschleichen des Säbelzahntigers in dunkeler Nacht oder die Nachbarhorde, auf Frauenraub aus, mit ihren Keulen, bleiben so auch dem schlaftrunkenen Steinzeitzottel putativ hörbar. Er kann aber auch –dumdidumdidum - bewusst weghören. Insofern fordert uns manchmal doch noch die steinzeitliche Vorschädigung. Bei geschlossenen Lidern umfängt uns die Dunkelheit, der Lärmgeschädigte sehnt sich nach Stille. Ohnehin ist ein Geräusch, ob Krach, ob Klang, ob ohrenbetäubend oder wohltemperiert, nur in Abgrenzung zur Stille wahrzunehmen.

Und damit wären wir in der Reprise bei der Vieldeutigkeit des Wortes „hören“.
Wer sehen will, schließe vorher die Augen.
Wer hören will, suche zuvor die Stille.

Stille? Die finden wir sicher am Nordpol – soweit der Wind nicht säuselt. Ein Glück auch, dass dort keine Achse zu ölen ist. Für das Schmieröl hätten sie sicher wieder kein Geld, der Globus quietschte und eierte und nichts wär’s mit der Stille.

02. Februar 2010

Toleranz zu üben, ist eine Herausforderung. Ich entsinne mich eines polternden Gesprächs zwischen Kirchenvertretern vor langen Jahren: „Die (xy)-Kirche muss langsam tolerieren, dass wir ihre Haltung in diesen Fragen nicht tolerieren können!“ – Originalton. Grundhaltung: Ich habe das Recht und die Freiheit, andere haben mich in der Wahrnehmung meiner Grundrechte zu tolerieren. Glücklicherweise ist der Jahrzehnte dauernde Appell der Raucher nach mehr Toleranz für ihren „Genuss“ an Grenzen gestoßen. Und wer „tierlieb“ ist, thematisiert nicht, was jetzt kommt: Am Wochenende habe ich meine Enkel, das Winterwetter nutzend, auf dem Schlitten in den Wald gezogen. Am Wegrand eingegilbten Schnee, Hundekot unter frischen Flocken und zack, im Profil der Sohlen. Und drei Herrchen (resp. Frauchen) konnten nicht verhindern, dass ihre Lieblinge die Kindern mit ihrer Schnauze ins Gesicht stupsten. „Er muss immer alle mal erst beschnuppern“. Ich möchte die Hunde haltenden Eltern sehen, deren Kinder ich kurz die Nase küssen würde. Oder ich hielte unseren Jüngsten an der Grundstücksgrenze eines Hundehalters ab. Zweimal bin ich bereits beim Joggen von Hunden angegriffen worden. Einmal wurde die Kleidung zerrissen, beim zweiten Mal hatte ich tiefe Bisswunden in der Hüfte und im Brustbereich. Das Schmerzensgeld war nicht mehr als ein Trostpflaster. Hunde sind schöne Tiere, na, einzelne Rassen sind auch Geschmackssache. Sie sind bei guter Erziehung die rechten Begleiter für Haus und Hof. Aber: Hundehalter haben oft die Distanz zu ihrem Tier verloren. Diese Distanz wollen andere, die Nachbarn, die Freunde, die Jogger und Walker weiterhin respektiert, toleriert sehen.
Haben Sie im Übrigen gewusst, dass die Astronauten auf dem Mond auch Fäkalienbeutel hinterlassen haben (wenigstens im Beutel!)? Ist das irdische Leben etwa aus den Keimen in den Fäkalien von passierenden Außerirdischen entstanden? Welche Assoziationen beim Thema Hundekot. Und sollten wir nicht doch toleranter werden ob dieser Zukunftschancen?

20. Januar 2010

Haben Sie das Interview mit Peter Sloterdijk in der Ausgabe des Stern vom 7.1.10 gelesen? Welch ein arroganter Fatzke! (Steht mir ein solches Urteil zu?) War die „Kritik der zynischen Vernunft“ eine gute Anregung, die Fehlentwicklungen der Moderne, vor allem aber die eigene Distanzierung vom persönlichen Sturm und Drang zu reflektieren, ist das neueste Angebot „Du mußt dein Leben ändern“ (ß vom Autoren gesetzt!) eine zum Teil (sprachlich) brillante Analyse der Gegenwartsneurosen ( so lese ich das), so erliegt Sloterdijk in seinen öffentlichen, medialen Stellungnahmen zu häufig einer andere abqualifizierenden Selbstzufriedenheit, -Narziss und Goldmund-. Ist ihm dies vorzuwerfen, wenn in dieser medialen Welt selten mehr als Pop (oder Rock) eine dort selbstgeschaffene Immunabwehr gegen Stille oder pianissimo überwindet? Mit dem Begriff „Pop-Philosoph“ wird Sloterdijk etikettiert. Zunächst: Für mich bleiben Gedichte in einer solchen Debatte Leuchtfeuer der Navigation. Hölderlin:

Menschenbeifall

Ist nicht heilig mein Herz, schöneren Lebens voll,

   Seit ich liebe? warum achtetet ihr mich mehr,

      Da ich stolzer und wilder,

         Wortereicher und leerer war?

 

Ach! der Menge gefällt, was auf den Marktplatz taugt,

   Und es ehret der Knecht nur den Gewaltsamen;

      An das Göttliche glauben

         Die allein, die es selber sind.

Und auch B. Brecht beschreibt in der „Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Wege des Laotse in die Emigration“, was er von einem Weisen erwartet (einfach „Legende Brecht“ suchen).

Ich habe Sloterdijk nichts zu raten, nur zu wünschen: dass er die Qualität seiner Analysen mit Bescheidenheit adelt.

23. Dezember 2009

Am Tag vor Heiligabend, keine Langeweile im Dezember. Eine Reaktivierung in den Firmen Gema und MaMa  konnte nicht durchgehend vermieden werden [Geh mal.....Mach mal.....]. Eins aber hat sich in den Vordergrund geschoben: Lesen, und zwar das Lesen von Zeitungen,  Zeitschriften und im Gefolge recherchierter Texte im Internet oder der Bibliothek. Eine regionale, eine überregionale Tageszeitung als Papierausgabe, online weitere Tageszeitungen zu bestimmten Themen, eine Wochenzeitung, Zeitschriften wie brandeins oder Cicero (selten Spiegel, stern oder Focus – zu „feuilletonistisch“ , wie H. Hesse im Glasperlenspiel beschreibt).

Auch ein gelegentliches und aus der anderen Lektüre angeregtes Wiederlesen vieler über die letzten 55 Jahren im Bücherregal bewarten Werke steht an. Die inhaltlichen und sprachlichen Anregungen gerinnen zu Notizen. So entsteht mein „Zettels Traum“ (Arno Schmidt). Eine Sichtung  von Briefen aus der Familiengeschichte ist gefordert. Wer sponsert mir einen Privatsekretär?

11. Dezember 2009

„Das Studium wird leichter“ stellt T. Schultz heute in der Süddeutschen fest. Auch in anderen Presseorganen ist von weniger Arbeit für die Studenten die Rede. Ich hatte die Studentenproteste der letzten Wochen anders verstanden. Die Studenten wollen es nicht leichter, sie wollen es sinnhafter. Sie sind ja auch keine Arbeiter, sie sind Studenten, sollen studieren. Auch hier wird wieder deutlich, dass die öffentliche Diskussion um die Bildungspolitik ( dies betrifft auch die Schulpolitik nach PISA ) in unserem Lande einen großen Mangel aufweist: Es ist nicht „konsensual kommuniziert“ worden, was eigentlich Bildung in einer demokratischen Gesellschaft sei.

Beim Fußballspielen schwärmen die professionellen und die Amateurzuschauer vom noch echten Straßenfußballer und setzen ihn gegen denjenigen, der von seiner Jugend an die meiste Zeit Taktik und Kondition gebolzt hat. Studieren heißt auch, sich auf dem Campus und in zweckfreien Seminaren intellektuell zu messen.

Na, lesen wir noch einmal diese großen deutschen Pädagogen von Herbart bis Nohl und fragen wir uns, ob bei dem, was hier und heute formiert und reformiert wird, das Vordenken, das Nachdenken und das Bedenken, das Denken vielleicht doch vorher stattfinden sollte.

1. Dezember 2009

Wenig geschlafen habe ich heute Nacht. Die Verabschiedung ging mir nicht aus dem Kopf. So viel persönliche Gespräche der letzten Jahre drängten sich vor mein Auge. Mit fast jedem hat es diese „Vieraugengespräche“ gegeben, zu dienstlichen Themen und immer verknüpft mit persönlichen Bezügen.

Es bleibt Jacob Burckhardt zu zitieren mit einigen Splittern, zumal, da die Organisationsformen sich blähen:

-         Freude an der Anschauung des anderen

-         Leidenschaft für den einzelnen Menschen

-         Zuneigung zum Kleinen

-         Gebildete Freude an der Vielfalt .

Überhaupt wird das Kleine und Feine wohl nur angemessen wahrgenommen werden auf der Grundlage von Bildung (über Bildung sollten wir noch mal intensiv nachdenken).

Wie viel persönliche Gespräche hätte ich gern auch gestern zum Ausklang noch geführt.

Zeitbefehl

Stapfen,
die Wehe vorm Abbruch queren,
zum Sprunge bereit.

Lee waten die Düne hinab,
bevor noch der Sturm
den Atem versandet.

Wie lange noch trägt
Schnee über Spalten.

Wie lang noch halten
die Deiche schmeichelnder Flut.

Aus welchen Adern
gischt weißes Blut der Geysire

Was füllt die trockenen
Betten mit Flut.

Was füllt die lockenden
Betten mit Mut.

Was deckt die Moränen
mit neuem Firn.

Fehl,
Leben ist siegen,
versiegen.

Aber nicht Melancholie ist angesagt

Insofern gilt, was Frau Ö. zu bedenken gab. Meine mehrfache Bemerkung der letzten Tage, als Pensionär stände ich nicht mehr mitten im Leben (siehe auch das Bild mit dem Karussell), beantwortete sie mit der Frage, von welchem Leben ich spräche. Ich stände doch mitten in meinem Leben!

Nun denn: kopfüber hinein!  Aber nicht nur über den Kopf!