Gerd H. Köpke
Gedichte
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© 2024 Gerd H. Köpke

22.03.2024

Lebenslauf

Mit und beginnt die Zukunft,
mit und beginnt die Gier,
mit aber blüht der Widerspruch,
mit oder bunt die Zier.

Und dann erzählt den Zeitenlauf
ein Glück,Pech, ein Streben.
Doch dann zerbrocht das here Ziel, zerfällt mit leichtem Beben,
das Leben.

13. Februar 2019

Vom Zögern der Bäume

Wohin gehst du,
wenn deine Schritte den Schatten ertasten?

Beim Zögern der Bäume schweigt listig das Lamm.

Im Rauschen der Blätter belauscht sich der Wind.

Die Lerchen aber singen nur wenige Sommer.

Manchmal,
wenn der Regen ins Laub fällt,
wispern die Blätter
von anderen Zeiten.

Nebel entfernen den Horizont,
wo die heißen Dächer der Städte dampfen.

Wer wirft die Eicheln ins gallige Moor?

Nur einen Schritt noch, die Zeit zu beschließen.

In und zwischen den Städten
klirren die Wetter
alle Tage
wie ungefragt.

26. Januar 2018

Inventur

Die Aprikose birgt auch nur den Kern.
Kirschlos klagt der Pirol.
Unter der Zunge schmilzt salzig die Zeit.
Wenn der Abend fällt,
rostet der Horizont.
Lang schon schweigen die Lerchen.
Was streifen die letzten Schwalben,
wenn kein Vermuten mehr bleibt?
Dem Häher entkollert die Eichel.
Und Schwäne?
Ich weiß nichts von Küssen
Trunken ist nur der Schiffer
in seinem Nachen.

18. Dezember 2016

Zwischen Herbst und Winter

Der Dezember hat alle Farben verlegt,
erdtrunken stehen restgraue Stauden
in den geschorenen Gärten, die
warten verschämt auf den Schnee,
der alles bedecken möge.

Fett tropft ein Mond in die Nacht.
Wirf deine Netze wortreich gegen die Wälder!
Sogar die Blätter der Eichen
klebt der Wind in die Felder.

Die Sonne versucht vergeblich den Tag.
Meisen turnen lustlos am Futterhaus.
Zwischen Herbst und Winter so viel verlorene Zeit.
Am Ende helfen auch nicht die Lichter.

17. Dezember 2016

Erprobte Wetter

Der Herbst gurrt,
er braut den Dunst in die Senken,
letzte Blätter ertragen nicht länger den Staub.
Sogar der Regen ersehnt sich hellere Tage.
Der Wespenkönigin kam der Hofstaat abhanden.
Erprobte Wetter,
alles riecht falb und faul.

Stell die Sanduhr ab, entfache die Glut!
Niemand hat nie eine Absicht.
jedes Aug' eine Arche.
Was, wenn die Taube den Ölzweig nicht findet?
Am Abend blinzelt der Bluthimmel den Spinnen zu.

06. November 2016

Zitronenflor

Ich rühr mir ein Müsli am Morgen
und flicke dir seidene Strümpf,
ich falte mir stirnige Sorgen
zum Wohlfeil des Seelengesümpf.

Ich wechsle dem Moorhuhn die Reifen,
damit es auf Streife nicht schlupft,
ich binde die Nothings zu Schleifen,
warum bin ich trotzdem verschnupft.

Ich pflanze im Garten Zitronen
und wickle sie in Trauerflor,
ich zieh auf dem Hof blaue Bohnen
tenore sie lustvoll im Chor.



Mit Tinte koch ich Gedichte
und dicke den Rhythmus mit Blei,
erforsche Antarktis-Geschichte,
mein Schreibtisch bleibt pinguinfrei!

Im Backofen blüht der Holunder,
vom Blütenregal rieselt Staub.
Die Schabe sprüht geistreich wie Zunder,
verabschiedet sich mit Verlaub.

24. Mai 2015

Hinweis 1

 

Man weiß ja,

wozu das gut ist.

Die Spielregeln zum Beispiel,

oder auch die Mutterliebe.

Über den Zaun hin

grüßt der Nachbar die Tulpen,

doch das Telefon tönt.

 

Lass doch die Sonne,

nicht alles was gleißt weist weiter.

Staub wirbelt bei manchem Schritt,

und wo nicht Staub, da

zerbröselt der Kitt.

 

Lass doch die Sonne,

zum Abschied hin

brennt sie rosenfingrig am Horizont,

man weiß ja, wohin das führt.

 

Ob du den Bleistift spitzt

oder die Schuhe vom Bordstein nimmst,

auf deiner Insel wartet kein Hund;

man weiß ja, wem all das nützt.

03. April 2015

Offene Fragen

Dämmerung ist,
      aber ist's Morgenröte
           oder erstirbt schon der Tag?

Das Leben,
      es kann gelingen
           in Schönheit und Schrecken,
      kann scheitern
           in Schrecken und schön.

Auch Eichenkränze, sie welken,
      sie trocknen, zerbröseln,
           zerfallen zu Staub.

Ja sicher,
      die Knochenasche düngt Weizenfelder,
           und ungeduldig keimt dort das Korn.

Was aber,
      wenn die Sonne doch wiederkehrt,
      wenn auch vergellt,
           worüber trotzig zu weinen ist?

22. März 2015

Geonomie

In der feuchten auch finsteren Nacht,
so es dauerhaft regnet
oder die Nebel das Grasufer
klatsch nässen,
wagen sich gar die Fische ans Land,
um Denkbares auszuloten;
kaum jedoch lugen die Sterne
zwischen Wolken hervor, oder
der Mond versilbert den glitzernden Rasen,
vielleicht auch erahnt sich am Horizont schon die Sonne,
glitschen sie eilig, feuchtschuppig zurück
in ihr heimisches Wasser,
berichten sich stolz und diebisch erfreut
zu ihrem Erkennen.
Für kommende Landpartien
bereiten sie fischwissenschaftlich Wagnisse.
Sie sollen in ferner Zukunft und
Generationen später bei
weiterem Kontaminieren der Gewässer
die Landnahme sichern.

Keine Rede von einem erneuten Impact.

21. März 2015

Schwarzschlachten

Die Zeit entrollt ihre Bilder,
in den Büchern erzittern Vokale
und suchen den weißen Weg.
Rascheln die Lider?

Sieh doch nicht schwarz,
suche dir andere Farbe!
Unter der Schwarte
blutet gerötet Moral

.


Die Väter, sie haben sich auch nur
nach offenen Schenkeln verzehrt.
War dennoch das unstille Sehnen verkehrt?

Hinten im Hof bellt ein Hund.
Er zerrt an der Kette.
Lass Vorsicht walten und schlachte schwarz!
Im Keller wird noch nach Trichinen geschaut
. Auf deiner Haut führen alle Wege zu dir,
und der Hund kläfft immer noch laut.

15. März 2015

Abend auf Usedom

Wenn der Eichelhäher schweigt,
nähert sich die Nacht
hinter den Kiefern,
Raps dunkelt gelb.

An den Strand wagt sich die Grundel nicht mehr.
Steilab küsst der Sand leichte Brandung,
zollt der Wind dem Seedorn Tribut.



Noch schneidet das Segel die gleißende Ferne,
in der Salzhütte murmelt der Fischer
dem Dorsch in die Kiemen,
zündet den Rauch.

Die Brücke verstößt das Strandgut,
am Steg sammelt sich Möwengeschrei.

Weit im Westen taucht dann die Sonne
wie Bernstein ins brackige Land,
setzt den Holunder in Brand.

15. Februar 2015

Halbschlaf

Große Vögel ziehen über das Land,
kein Fels, keine Brandung,
nur der Treibsand
schärft seine Messer.

Bleibt auch das Band noch zu teilen,
die Dächer sind auf der Flucht,
und Haie tummeln sich in der Kluft.



Aus Fenstern ächzt lautloses Lachen,
tief in der Dämmerung
wirft die Stille ihren stechenden Blick.
Der Abend schaukelt rot auf Betörung.

Grün wird die Nacht,
doch hinter den Birken sammelt
der Nebel sich wunderweiß.
Ein Stern zwinkert Verschwörung.

23. November 2014

Heimweg

Über den Puffern,
sie jaulen und kreischen,
die Räder, sie rattern in stolperndem Takt,
unendlich zu hören
und keinen Ton leiser,
ohn Ende die Gischt mir im Ohr.


Wohin,
wenn alles, ja alles Geschrei?
An deiner Stirn nur spürst du den Schmerz,
auf die ich die Hand leg zu lindern.
Nicht schließ ich die Ohren,
den Atem zu ahnen,
suche auch mit den Augen,
woher und wohin?

19. September 2014

Halt

Der späte Mohn klatscht sein Rot
vor den Mais,
darin toben die Schweine mit schwarzen Kitteln.

Manche Rose noch trotzt dem Dunst<
mit Knospe und Spross.

Ach dass zu Mittag die Sonne noch tröstet.

Kein leuchtendes Blau am Himmel,
nur wolkenlos.

Wir warten auf Stürme und
wie es die Bäume entlaubt.

Wohin gehen, wenn nicht nach Haus?

07. August 2014

Landschaft mit Schilf

Sind es die reifen Früchte,
die fallen, belanglos und dumpf?

Liegt nicht gerade der Dunst
über der Ferne?
Und immer ist ein Wegesrand nah,
ein Ufer, im Süden blauen die Berge.

Birgt noch die Erle den Zeisig?
Am Feldrand erzittern die Pappeln.
Wer spinnt im Farn silbern Garn?
Falter torkeln zur Blüte,
die Sonne ersticht das Laub.

Der Blick geht hinüber zu
den Schilfgürteln,
die sich im Wasser leicht wiegen.

Tief drunten maulen die Fische, sprachlos und stumm.

27. Mai 2014

Du

Du bist der Gürtel meiner Hose,
du bist der Jackpot meiner Lose,
du bist der Handschuh, wenn ich friere,
du bist der Schaum auf meinem Biere
und ohne Dich gäb es kein Du.

Du bist der Saft, wenn ich nur huste,
und im Salat die Lange Guste,
du bist der Senkel meiner Schuhe,
das frische Schleckeis aus der Truhe,
und ohne Dich gäb es kein Du.

Du bist der Wurm auf meiner Platte,
du bist der Zaun und ich die Latte,
du bist im Traum die Somnambuhle,
gibst mir zum Kuscheln eine Kuhle
und ohne Dich gäb es kein Du.

Du bist der Blick auf tausend Blumen,
du bist der Feger für die Krumen,
du bist der Tick für meinen Tack,
du bist Champagner und Cognac,
Denn ohne Dich gäb es kein Du

04. März 2014

Freiheit

Alle Natur schenkt sich maßlos, nicht
reichet die Kraft eines Menschen zu messen,
weder die Regeln, noch gar das Gewirrte,
denn beides vereint sie.

Zwar mühen sich manche,
sie häufeln bemessenes Wissen
zu Trümmergefügen,
knüpfen ein grobes Netz;
sie mögen es tun.

Was noch birgt Schönheit,
wenn sie vermessen?
Die Freiheit erlöst nicht,
sie fordert das Maß.

Denn alles ist Maß,
entsteht aus dem Maß,
umkreiset das Maß,
wenn mutig er schafft
mit den Händen, den Worten
dem Auge, dem Ohr.

31. Januar 2014

Kinderhand

Und immer wieder der Baum.
Dieweil kümmert ein Grün
in den Mauerritzen.
Vom Asphalt herauf steigt
der staubige Dunst aller Tage.
Auch in den Nächten
atmet es faul aus den Schächten.
Und immer wieder der Baum,
der reckt sich mit seinen Ästen,
verrenkt in den Zweigen,
und darf doch schweigen.
Und dann und wann fällt auch ein Blatt
und fällt – in eine Kinderhand.

30. Januar 2014

dann aber

Wenn das Brot aus dem Koben,
wenn das Kind und die Frau,
wenn die Sterne zerstoben,
wenn der Himmel tief blau.

Wenn die schweigsame Liebe
und die zögernde Uhr,
wenn die Axt ihre Hiebe,
wenn die Briefe retour.

Wenn der Wein aus der Flasche,
wenn das Wasser im Rhein,
wenn die Kehle zu Asche,
wenn der Humpel im Bein.

Wenn all deine Träume,
wenn all auch der Alb,
wenn zwischen die Räume,
und du darin halb.

27. Janaur 2014

Es gibt nichts

Es gibt nichts festzuhalten.
Wer will schon verwalten
Hinter den Bäumen versinkt der Tag.
zu flüchtigem Ertrag,
Nur kurz färbt sich der Himmel orangerot.
der doch nur verloht?
Der Mond steht satt und klar.
So lapidar,
Die Kondensstreifen fransen aus.
so kraus
Hohe Wolken leuchten den Wiesen und Feldern das Dämmern.
purzelt den Lämmern
Davor aber verlieren sich kleinere Wolkenfetzen
das Widersetzen
dunkelgrau zu Köpfen mit langem Hals,
bestenfalls
drohen noch einmal dem Tag.
aus dem Phag.

23. Dezember 2013

2013/14

Das frohe Fest bleibt nun der Rest
vom alten Jahr,
das ist wohl wahr.

Doch Abendrot
und Kerzenschein
lässt uns kommod
nicht traurig sein.

Und wenn recht bald
das Neue Jahr
mit Böllern knallt,
ist ohnehin nichts umkehrbar.



Auch 14 wird,
sei unbeirrt,
dann wieder leiser
und wir greiser.

Was soll schon sein?
Mit Mut hinein
ins zwei vierzehn, ganz auto-, endo-, ero-, exo-, foto-, tele-, homo-, und auch hetogen.

(Hat Er ein er verloren?)

11. Dezember 2013

Christrose

Klagen die Gletscher in ihren Grotten,
fallen die Tropfen, fallen hinab
ins taumelnde Grau.

Und der Morgen über den Wassern
kreischt mit den Möwen
die Nebel entzwei.
Dann flittert das Siegel über die gurgelnden Wellen.

Blau ist eine gärende Farbe,
Weiß gähnt grämend im Maischebad.

Der schwarze Mond zündet seine Krater,
schon greifen sie züngelnd mit glühendem Rand
in die Pole.

Wer lacht um die ersten Lieder?
Die Beeren reifen im Firn.

Christrose, Christrose
blüht wider das laubnasse Land.

27. November 2013

Freundworte

Kann ich mich anfremden.
Wird nicht der Fremde mir Freund.
Muss ich mich entfreunden.
Ist nicht der Freund mir fremd.
Sprich fremd, sprich freund, aber sprich,
wortfreudig,
wortgläubig.
So freu dich
des Fremden, des Freundes, unfremdlich.
Unfremde und Unfreunde
entworten sich,
worträudig.

25. November 2013

Frühstück

Kein Morgenrot heute,
dabei verharrt die Luft
bewegungslos zwischen den Zähnen.

Ob der Fisch wirklich hinauf
zu den Himmeln steigt,
entscheidet sich erst zur Nacht.

Bis dahin summt es sich wandelnd
über den berstenden Tischen.

Was lautlos fällt, sind Brosamen nicht.

Hinter den Buchrücken
erklingen die Rufe
des hohen Gerichts.

Der Becher ist leer.
In der Karaffe ruht weiteres Ungemach.
Ich rate zu Resten.

18. November 2013

Herbst Herbst

Ach ja, der Herbst,
er schleicht sich mit stetem Entfärben
ins Bunt, wird uns
den Leichtmut entwenden.
Und schreien die Gänse
betörend nach Nord,
irren sie zwischen den Sphären.

Der Regen trommelt sein uraltes Lied,
kühl silbert er in den Zweigen,
tanzt mit dem Tag einen Reigen.



Die Amsel höhlt lieblos
das letzte Fallobst vom Gras,
die Katze nimmt Maß.

Die Nebel befloren das Licht,
beweben das Narbengesicht.


Unter der Sohle klebt stinkend der Kot,
warum schlägt die Turmuhr die Zeit?
Warum nur schimmelt das Brot,
und in den Augen brütet der Neid?

Wenn dann der Schnee kommt,
lodert es kalt unter Händen.

13. November 2013

Das letzte

Blatt gilbt dort am Kirschenbaum,
wann wird es fallen?

Blühte nicht gestern der Schnee an den
Zweigen? Die Kirschen gären derweil im Glas.

Über den Asphalt grollen Motoren,
sie kennen ihr Ziel nicht, doch
zittert das letzte Verletzte.

Hochoben fleddert das Nest des Pirols.
Wer wartet auf Wiederkehr?

06. Oktober 2013

Heimweg

Flirren des Nachts im Dunkel die Falter,
sehnen den Mond an
und spielen mit ihren Flügeln
trommelnd ihr Lied.

Der Wind haucht die Kühle der Nacht
in die Fühler
und doch taumeln die Falter
Terpen des Dunkel
todbleich ins luftige Grab



Erschöpft glimmt jäh dein Erinnern,
wie trunken von alten Texten, den vielgestaltigen Sätzen,
denn sie nur allein tragen erfüllt
und allein dich zu dir.

25. Juli 2013

Stille

Das Leben kommt aus der Stille
und kehrt in die Stille zurück.
Gestalten! das sei dein Wille,
so findest im Leben du Glück.

10. Juli 2013

Rienzi
            nach Art von Robert G

Wenn Rienzi wirklich der
letzte der Tribunen wär,
griffe er nicht immer wieder
Adelsdamen in das Mieder.
Nur in Wagners langer Oper
bleibt er immer keusch und proper.
Denn mit stundenlangem Singen
muss er seine Lust bezwingen.

17. Juni 2013

Asphalt

Bewältigen,
sich erinnern,
säubern, säubern von Gedachtem,
von Gemachtem.

Vergessen,
ermessen,
unterdessen pflichtvergessen kochen, essen,
fröhlich feiern und bettnässen.
Bewältigen,
hoffen,
sich eine Zukunft erschaffen,
ermogeln, Vermögen erraffen.
Vermagst du den Tag?
Wer mag dich zur Nacht?
(gibt es das Wort „Bewalt?“)



Dieser hochentwickelte, aber
herumirrende Mensch, Barmherzigkeit
ihm, der die Streitpfeife raucht.
Hemmungslos zudringlich:
das Vergangene, das Kommende,
und immer das Jetzt.

Wohin mit dem Asphalt,
wenn der Aufenthalt
dauert?

14. Juni 2013

Zeitflut

Die herzförmige Konfektdose
birgt auch nur Minuten.
Den Deckel geöffnet und lose
entfallen dir schon die kandierten Süchte.

Der Seeadler greift sich die Fluten
schon gar in der Regenzeit.
Ein Kranich zwingt stakend das Reet in die Schuten.
Dann ist es so weit.

Nun lasse dich treiben,
auch Röhricht trägt Früchte.
Doch willst du bleiben,
verstärke, erhöhe den Deich.
Ordne die Zeit mit deinen Spundhänden.

13. März 2013

Am Ende obsiegt das Bild

Lass doch den Rauch reden,
wer breitet ihn über das Wort?
Bilder lodern die Sprache grau,
aschen zerbricht der Hort.

Mit der Glut spröden vertrocknet
die Silben, die Zeichen, der Laut
unter der Zunge.
Ein Wortschirm verflimmert

die Tonung, den Sang.


Ach, dass der stummende Lärm
des lauten Lichtes
das Wortspiel entprägt,
dabei erblüht doch mit Sprache das Bild.

Über der Asche hüpfet
der Blitz den zuckenden Tanz.

13. August 2012

Traufnasser Steg

Wenn ständig es Nacht wird,
wenn der Schlierregen fällt
zwischen unsere Augen,
dann, ja dann
birgt dein Blick mir dein Lied,
was treibt dich woher und wohin und warum?

Lichter verwischen auf traufnassem Steg,
fahler Beleg.

Der Tod in Venedig tränkt stumm.

Wirf deine Farbe zum Regenbogen,
wirf deine Tränen unter den Brückenbogen,
so dich der Regen vergällt.

19. Juli 2012

Fehlzeit

Wie viel Kontinente sind unentdeckt.
Wie viel Sonnenwinde kräuseln dein Haar.

Belege unstreitig,
dass unter den Nesseln die Erde bebt.

Der Ozean rüttelt die Hütten,
wenn er die Küste brechend erklimmt.
Hoch auf den Hügeln heißen die Heime Habflucht,
doch dort stürmt der Schnee,
hängen die Zapfen aus zitternden Mündern.

Der Zweifel brütet hinter den Butzen,
nimmt etwa garstig sich die Garotte ihr Recht?

Locke die Bilder aus den Archiven,
sie trommeln das tongleiche Lied.
Jede Kugel geht unter die Haut,
jedes Wort bittert unter der Zunge,
jeder Blick sticht.

Bluff weiter mit deinem Fehl.
So ward aus Morgen und Abend der fast letzte Tag.

13. Juni 2012

Motivsuche

Der Wind verliert sich unter Bäumen,
im bunten Grün tollt frei das Licht.
Das Jahr kann sich mit Blättern zäumen,
was sogar Zyniker anficht.

Urbane Hetze, Arroganz,
lakonisch distanziert parlieren,
das alles verliert matten Glanz,
wenn sich der Park, die Gärten zieren.

Nur weitersagen darf man`s nicht,
dass man in Herz und Seele ist berührt,
denn vor dem Zeitgeist-Weltgericht
wird niemand durch Natur verführt.

Doch alles rennt in die Natur,
auf Berg, ans Meer, in Wald und Flur,
zückt ganz verzückt die Digicam.
Wen schert der Coolness Bimbimbam.

30. Juni 2012

Widerborst

Über den Himmel ziehen die Raben
offene Linien,
wer vermag sie zu lesen?

Kundig krächzen sie ihre Bittmuster
unter die Wolken, unter das Blau.

Schon schrecken die Schwalben
und fliehen an ihr Gebälk.

Es rollen die Fluten,
die Wellen verbluten
im Widerborst.

Die Schlange verbirgt sich mit List im Geröll.

Sieh, deine Augen sind aufgetan
und deine Ohren wissen zu hören!

Erinnere dich und denke!

Doch dein eigen Schwert verwehrt dir den Steg.

13. Juni 2012

Rechnen Sie mit Allem!

Kunst plus Wissenschaft gleich Wirklichkeit,
Wirklichkeit minus Kunst minus Wissenschaft
                     bleibt Wirklichkeit,
Wirklichkeit ist Teilmenge von Wirklichkeit.
Kunst als Schnittmenge von Mensch und Wirklichkeit.
Mensch minus Wissen minus Kunst gleich Unmenschlichkeit.
Mensch ohne Kunst ist Krüppel zeitlebens.
Wissen schafft Kunst,
Kunst schafft Wissen.
Wissen und Kunst braucht Kundschaft,
kundige Kennerschaft, keine Centfuchser.
Ohne Spiel erschöpfen sich Kunst und Wissen,
Kunstspiel vervielfältigt Wissensspiel.
Unwissenheit schützt vor Strafe nicht,
lebenslänglich Unkunst bei Wasser Quot.

11. Juni 2012

Keine Zeit habe ich jetzt
für evozierende Texte.

Aus der Tiefe des Raumes,
aus dem Hintergrund,
aus vollem Lauf,
aus Verlegenheit,
aus dem Abseits,
aus der Drehung,
aus Versehen,
geschossen wird!

Der Ball, der Fußball gar,
das Leder,
das Runde,
das Spielgerät,
abseitige Wiederholungsvermeidungen
bemühter Sprech- und Schreiberlinge.
Die nach oben offene Schiedsrichter-Skala.

Gib
mich die Pille, die Kirsche, die Nülle!

Nudität, anzügliche Nacktheit, wird mit Gelb geahndet,
anzügliche!

Dessous-Tausch geht schon gar nicht.

Du sollst das nicht gar so ernst nehmen,
es ist ja nur ein Spiel.

10. Juni 2012

Mai 2012

Und wieder das neue Werden,
die vielen Farben des Grün.
Aus allen Krumen und Erden
drängt Leben und neues blühn.

Es fehlen in diesem Mai
gurrende Tauben,
die mir die Nachricht verbracht.
Hinter der Akelei
verkündet der Maulwurf
seinen Aberglauben.

Lauthals sinnen die Finken,
suchen das dritte Gesicht.

Und dennoch das neue: Werde!
Über der Krume, der Erde
bedeutet mir die Souffleuse:
Lausche dem Mai-Getöse!

20. Mai 2012

Kerben schlagen

Ganz zum Schluss,
wenn der Schmerz am Leben
die Sehnsucht überwuchert,
weißt du,
dass Stille und Ruhe
nur in dir selbst
verschmelzen.
Dann trage die Hoffnung
hinter den Horizont
und versiege.

Schritte jedoch,
die du noch setzt
zwischen Wissen und Wollen,
Wägen und Wagen,
führen dich fest in die Fährnis,
strauchelnd zu Dornen,
aus denen die Flammen flacken.

Eine Reihe von Kerben gilt es zu schlagen,
noch hast du nicht alle errungen.

Das ist die Zeit, deine Zeit.

12. Mai 2012

Maienlied

Ja, ja, der Mai,
er macht dich frei,
er macht dich frank,
du hängst den Mantel in den Schrank.

Denn es wird warm
auf Haut, im Herzen.
Liebesalarm
ist zu verschmerzen.

Die Meisen atzen
ihre Jungen,
Blattknospen platzen
notgedrungen.

Die Bäume blühn,
die Bienen summen,
gefühlig glühn
wir und verstummen.



Und regnets schwer
und kühl im Mai,
ist dennoch der
April vorbei.

Ja, ja, der Mai,
du machst dich frei,
dein Mädchen auch,
so ist es Brauch.

Im Juni dann,
als stolzer Mann,
bist du zu zweien,
sogar bald dreien?
Vielleicht und glücklich dann
erneut alleien!

08. Mai 2012

Dasein

Daliegen,
dasitzen, da kriechen, da aufrichten,
da stolpern, da fallen, da wieder aufstehen,
da widerstehen, da wieder gehen, da weitergehen,
da capo,
da einknicken,
dazwischen sitzen,
dasitzen, einfach so, gedankenleer,
oder auch bräsig,
anmaßend, selbstgefällig,
schließlich selbstunzufrieden,
dann aber da schlurfen,
dasitzen, dasinken, daliegen,
und damit dazwischen liegen,
wo zwischen?
zwischen den Brettern,
die die Welt erbeuten.

11. April 2012

Winterreise

Tust du eine Winterreise,
hörst den Schnee, er fällt dir leise,
finden sich bestimmte Lieder,
Schuberts Melodien wieder.

Deren Texte, zeitgebunden,
haben Anschluss doch gefunden
an die Zeit wummernder Bässe,
bittersüßer Wolkenkresse.

Doch auch Jelinek lässt grüßen
und uns dafür teuer büßen,
dass mit Hang zum Obszönaten
wir die Winterreise taten.

Drum lass dich nicht jelinecken,
lass sie ruhig Zähne blecken;
Wetterfahnen frieren Tränen
greiser Köpfe Leiermähnen.

04. April 2012

Kollern

Welchen Ton singt die Wüste?
Nur die Sonne bei Tag, mit
ihren flirrend gespiegelten Früchten,
und der gestirnte Himmel bei Nacht –
leicht fließt der Sand, jedes Korn,
aus den Händen zurück dir
ins Endliche, was gilt es zu messen?
Leicht kollern die Steine kurz umeinander
unter deinen Schritten.
Die Stille, erhöre sie, fühle sie auf der Haut,
suche sie mit den Augen, schmecke und rieche!
Der Sturm naht früh,
dir die Sinne zu schließen.
Dann auch verklingt,
was du erfahren,
was du gedacht.

15. März 2012

Hagebutten

Manchmal noch träume ich von Kindertagen,
von den allzuvielen Fragen,
auf die ich keine Antwort weiß.

Jene Bilder kommen dann ganz leis,
in denen ich der Heckenrosen
Hagebutten in die Taschen zählte,
in denen ich Geliebte wählte,
die zu liebkosen
ich nur wagte in der Stille vor dem Schlafengehen.

Auch heute noch kann ich nicht widerstehen
dem fraglosen, dem großen Staunen,
der tränenreichen Traurigkeit,
der Hoffnung Raunen.

Manchmal träume ich von deiner Zärtlichkeit.

(der Text ist entstanden um 1990)

13. März 2012

Perlmutt und Sprache

Wenn wir nichts als Stille sind,
rieselt aus dem Ohr der Grind,
den der Lärm dort hinterließ
als ein träges, taubes Vlies.
Wenn wir nichts als Stille sind.

Wenn wir in die Tiefe sinken,
wo die Sonnen fleckig blinken,
zähe Strahlen fahl verblassen
als ein Echo, das wir hassen.
Wenn wir in die Tiefe sinken.

Leere will den Raum einhüllen.
Sphären klingen schmerzhaft, füllen
klagend die Gezeiten
als ein lahmend, funkelnd Schreiten.
Leere will den Raum einhüllen.



Letztes Klappern in den Mündern
diesen wiederholten Kündern,
die den Finger aufwärts recken
als ein Zeig zu Strafes Zwecken.
Letztes Klappern in den Mündern.

Lass dich nicht zum Halbschlaf zwingen!
Wenn dir Wachen mag gelingen,
findest du der Stille Hegen,
kannst die Schmerzen widerlegen
und aus deiner Stille klingen.

Was am Horizont schon glimmert,
tropft dir in den lichten Morgen.
Und der Muscheln Perlmutt schimmert,
kaum das sie ans Licht geborgen,
kaum dass sie ans Licht geborgen.

12. März 2012

Der artesische Brunnen
( Variation zu einem Gedicht von Durs Grünbein )

Die Worte, ach ja, die Worte.
Dass sie im rechten Moment aufperlen mögen!
Gib acht Herz, du meiner Worte Brunnen!

Mag ich mir gefallen mit meinen Worten,
wollen sie wohl versiegen,
finden durch fremde Schichten
dann doch ins blühende Tal.

Und Freude bleibt Götterfunken,
warum denn ist Rosa kein Wind?

Frivole Wasser stehn flach,
sie netzen nur erdige Haut,
speisen die Tiefe nicht
und auch nicht den raunenden Strom.




Den Tod zu erplaudern?
Da stößet Wort sich an Wort,
sie stürzen mit Lilien ins Grab.

Was hat mir die Sprache versprochen,
dass sie mich errötend verspricht?

Und sprudelt der Brunnen,
und nährt er die Krume,
so wandelt er Dürre zur Frucht.

Selbst Styx bleibt freudig zu queren,
her und auch hin.

22. Januar 2012

Zueignung

Wenn auch der Winter dir die Liebe nahm,
der Frühling wird erblühen.
Noch trägst du schwer und bist dem Leben gram,
Das Leben wird voll Hoffnung sprühen.

Nicht dass du je die Liebe wirst vergessen,
sie bleibt dir treu und ewig.
Da du jetzt trauerst, lächelt sie indessen,
verweist dich auf den Augenblick.

Mit dieser Liebe Stärke wirst du wandern
Den eignen Weg durchs weitre Jahr.
Dein fester Schritt gehöret keinem andern.
Mit dieser Lieb,
auch wenn sie ist gegangen,
bleibt eigner Weg doch annehmbar.

16. Januar 2012

Gezeiten

Unter der Wolke,
die flieht den Horizont,
sinkt die Sonne
rot aufgeblasen
ins Meer, ins störrische Meer.

Das Dunkel dann
barmt ängstlich und
schmerzverklappend
die Schlaflosigkeit.



An die Gestade
des Morgen spült beizeiten
der zähe, der lähmende,
der Atem versiegende Schlick.

Niemand noch mag siegen im Hebeland.

29. Dezember 2011

Stille, Klang, Stille

Das Denken wächst in der Stille,
und wer auch dein Lächeln verneint,
enteilt nicht der Zeit.

Dem Lärmen droht Widerwille,
kalkkgrell ätzt der Schrei unvereint
zur Schamlosigkeit.

Was spiegelt sich der Pupille,
kristallen, doch niemals entweint,
was öffnet sich weit?

Das Denken erwächst aus der Stille,
verwegen mit Klang sich vereint,
entwundet dein Kleid.

Der Klang erblüht in der Stille,
Stille, Klang, Stille die meint
- und befreit.

18. Okotber 2011

Babylon ist

Die Äpfel sind gepflückt,
es kommt eine fruchtlose Zeit.

Wir sprechen die gleiche Sprache
und haben die fremde erlernt.
Babylon ist.

In den Parks häufen sich
Eicheln und Blätter,
auch Bucheckern fallen
den Gärten zu Last.

Wir sprechen die Sprache des Geldes,
wir setzen auf den Gewinn,
die reifen Früchte des Feldes
sind, tutta la forza, dahin.

An unseren Wohnwänden
menetekelt das Grauen,
zum prosperierenden Nekrolog
ist nicht weit.

Die Äpfel sind schon gegessen,
Blühen ist anderswo.

13. Oktober 2011

Zeitenwende

Was mir fehlt unter den laubenden Linden
schenkt bald mir der südliche Bogen reichlich
des Nachts.
Und siehst du nur einen,
so sind es doch zwei.
Die Feuerwanze erobert
das Rindenreich,
zündelt unter der Trockenmauer.
Nachbars Katzen
ordnen die Strecke
auf der Terrasse.
Der Rasen liegt ungekämmt.
Ohne Widerspruch
erschauert die Rose
im Nordenland.

14. Mai 2011, Zitat:

„Was Lyrik alles vermag, habe ich tatsächlich erst verstanden, kurz nachdem mein erstes Kind geboren wurde. Wissen Sie, diese Zeit, wo man richtig funktioniert und denkt, um Gottes willen, bleibt das jetzt immer so? In dieser Situation begann ich beim Stillen, Gedichte zu lesen. Und ich hätte auf die Knie sinken können vor Dankbarkeit. Denn Gedichte sind in gewisser Weise wie ein Teller Grießbrei: sofortige Belohnung. Du musst dich nicht mit einem Roman herumschlagen oder ins Theater gehen. In wenigen Zeilen kann ein Gedicht dir direkt ins Herz schneiden und deine Illusionen oder Träume offen legen. Mit einem Fingerschnippen dringt ein gutes Gedicht zur Wahrheit. Mir kam es so vor, als würde ich mich beim Lesen mit einem anderen menschlichen Wesen unterhalten, das schon dort war, wo ich gerade erst hinkam, das genau wusste, wie es da ist, und das bereits über das nachgedacht hatte, was mir gerade so am Herzen lag.“ Emily Watson, geb. 1967, engl. Filmschauspielerin, zitiert nach „Süddeutsche Zeitung“ vom 14. 5. 2011

11. Mai 2011

Ist nun ein Gewitter,
wenn es tobt ein Zwitter,
oder ist es schizophren?
Blitz und Donner
sind Gewonner,
so wie alte Eh`n.
( Ein Gewinner gestern
ist Gewonner heute;
älteren Semestern
dient der Pharmazeute.)

02. April 2011

SuperGAU

Welchen Schatten wirft
ein Kannibalenbaum,
welchen Schatten unter sich
und auf den Zwischenraum?

Uferlos dunkelt er
den Himmel ein,
wirft den Schatten
auf den Notenschrein.

Reckt seine Äste heftig
in den Nachbarsaum,
wurzelt tief und tödlich
dann im Erdensraum.



Schickt ein Kaiser auch
Tropf und Treuerlein,
frisst der Kannibaal
sich doch in das Gebein.

Niemand hält die blinde
Gier und mit nichts im Zaum,
lächelt sie so sonnenheiß
uns nicht nur den Flaum.

Morgen blüht uns schon
auf dem Aug der Schaum
und zerfrisst ganz Reaktion
uns den Liebestraum.

28. März 2011

Was, wenn ein Hund

Was, wenn ein Hund schweigt,
offenen Auges dich anschweigt?
Wenn er nicht winselt,
wenn er nicht knurrt,
wenn er nicht hechelt,
wenn er nicht heult,
wenn er nicht bellt?
Ist das die Stille vor dem Biss?
Ist das die angespannt stille Trauer
um die verlorene Zeit?

15. März 2011

Pronomen

Ich bin ich
und sich bleibt sich.
Ich, sich, sicher, am sichersten.

Sichern,
sich earn,
jeder earnt sich selbst das Nächste.

10-7
Restrisiko,
Restrisotto,
Hirse + c = sicher.


Restrikiki,
Faltenwurf über Abgrund,
cool down,
doux sollst dem Clown
vertraun.

Just like champagne
in a lot of bottles:
demi sec
sec
brut:
nach des Tages Müh.

02. März 2011

Sprich deinen Text

Sprich deinen Text,
lausche der eigenen Stimme,
erfahre den Klang,
sprich deinen Text.

Spüre den Schritt,
den Schritt in den Sand,
den Schritt in den Tand,
wohin er auch führen möge,
spüre den Schritt.

Atme den Duft,
den Duft deiner Haut,
und wisse von Blumen und Gras,
von Blumen und Gras.

Sieh auf den Weg;
Du rastest an Trampelpfaden,
doch finde die eigene Spur.

Der Geschmack frischen Sauerampfers
Würze den Tag,
und sprich deinen Text.

Finde erhebliche Antwort auf unerhebliche Fragen.

01. März 2011

Kein Halt nicht, nirgendwo

Die Bahnhofsuhren
schlagen den Zug in die Flucht.
Nachzügler hoffen
auf eine Retourkutsche:
Es gilt irgendwo anzukommen.
Fall nicht aus der Zeit.
Tempo, Tempo, wachsendes Tempo,
und die Seifenblasen
steigen träge zu den gußeisernen Trägern,
zurücktreten krächst es zurück
und scharf durchschneidet der weiße Wurm die Station
saugt die Seifenblasen saugt
das Mädchen saugt das verwundert erschreckte Mädchen
saugt die Stille mit vom Perron.
Wer noch bläst kugelnde Luft
in den brackigen Duft?

11.November 2010

Auch noch Herbst!

Wie jedes Jahr fallen
die Blätter in die gekürzten Tage,
kosen kristallen
gelb, rot und flammend die Waage.

Wie jedes Jahr faulen
die Früchte zwischen den Hügeln,
die Tage maulen
unter gerupften Flügeln.



Dass die Vögel noch fliegen!
Sie sammeln sich hinter den Schienen,
spinnen Intrigen:
Wir werden Ruinen verminen.

Wie jedes Jahr fallen die Blätter,
fallen unserer Wehmut.
Taubes Gefallen
kränkt uns akut bis aufs Blut.

11.11.2010

07. September 2010

Unkonventioneller Friede

Bleiche Hast treibt grelle Blumen
vor dem gelben Wüstensmog,
siedet Rosen von den Krumen,
eingesäumt im Flickenrock,


unter dem die Knochen fauchen,
lüstern sich die Gier noch spreizt.
Spuckend aus den Lenden hauchen,
was den letzten Lustschrei beizt.


Lange Gräber krauser Maschen
strickt der Blick von Trauerblei.
Sonnenstrahlen überraschen,
Bäume tanzen blätterfrei.


Hunde grollen streunend, schnüffeln;
an den pipelines schabt das Schwein,
vermißt den Geruch von Trüffeln,
Schimmel bläuen Blut zu Wein.



Leise greint am Bach die Szene,
bricht der Donner Glück und Glas.
Auf der Zunge krebsen Gene,
allerlei nippt rauh und naß.


Aus dem Schleierlicht des Dunkel
fegt die Wimper Sternenstaub.
Maden kriechen aus der Runkel,
Haare fallen stumm und taub.


Völkerrächt will Leichen laichen,
greift zum letzten Strohhalm Mord.
Tränentoll im Mondlicht weichen,
und die Hölle wird zum Hort
und die Hölle wird zum Hort.

07.Juli 2010

Blühender Mohn

Simmernde Luft
über dem Rot.
Steigt aus dem Duft
Schlaf oder Tod?

So dich die Trauer traf,
glaube der Lerchen Flug.
Nur einen Atemzug
schmeckt dir der Schlaf.

Gläsern versinkt der Tag.
Dir bleibt ein Lohn
nur einen Flügelschlag.

Bis an den Horizont: der Mohn.
Du atmest leis,
sag, schläfst du schon?

05. März 2010

Märzmorgen

Schlaflose Ruhe.
Hinter den Lidern poltert ein Mahr.
Das Licht aber blakt auf zu den Himmeln die ganze Nacht.

Schon lärmen die Vögel den Frühling herbei,
bereiten die Höhlen für neue Brut.
Noch reift es rauh unter ihren Flügeln,
und zu Füßen der bloßen Linde
halten die Feuerwanzen ihr Pulver trocken.

Die Wasserlilie schweigt sich aus, spannt die Stille
nur nicht den Einsatz verfehlen!

Welch ein Klang wartet auf seine Erlösung,
welch ein Jubel für Auge und Ohr.

Dass alles unvollendet bleibe!

04. März 2010

Wortspäne 1

Entwurzelt,
in Eitelkeit daheim,
näher dem skurrilen,
exotischen Wortgedröhn und Gestammel
anderer Heimatloser
als der eigenen Haut,
entfremdet dem eigenen Blick.
Da kein Schweiß mehr vergossen wird
unter den Adern und hinter der Stirn,
deodoriert gegen Sehnsucht.
Öffentlich Pinkeln reicht als Ausweis für Realismus.
Zynisch weil selbstbefleckt.
Für alles steht klingendes Räderwerk,
                                            surrend und stumm,
taub gegen den eigenen Sang.
Barmherzig der Ferne, dem streunenden Hund,
unbarmherzig im eigenen Rund,
Fähre der Nähe über den Mund.
Weh dir du Obdachloser,
alles nur Almoser?